Greensill-Wirtschaftsprüfern droht Verfahren

Die BaFin hat offenbar ein Verfahren gegen die Prüfer von Ebner & Stolz bei der APAS angeregt. Die Bilanzprüfer könnten die erste Adresse sein, wenn klamme Kommunen einen Verantwortlichen in dem Debakel suchen.
Der Schriftzug von Ebner & Stolz | Foto: picture alliance | SPA
Der Schriftzug von Ebner & Stolz | Foto: picture alliance | SPA

(Ergänzt: Bestätigung der APAS)

Die BaFin geht offenbar gegen die Wirtschaftsprüfer der Greensill Bank vor. Die Prüfer von Ebner & Stolz sollen im Fall der von der Finanzaufsicht unter ein Moratorium gestellten Bank die Bilanzen nicht ordentlich geprüft haben. Deshalb regt die Behörde nun ein Verfahren bei der zuständigen Aufsichtskommission APAS an. Das berichtete heute die WirtschaftsWoche. Die BaFin wollte das auf Nachfrage nicht näher kommentieren.

Die APAS bestätigte auf Nachfrage von FinanzBusiness, dass die BaFin gestern "eine Mitteilung mit Bezug zur Greensill Bank AG übermittelt" habe. Die Prüfstelle führt generell Vorermittlungen und auch anlassabhängige Verdachtsermittlungen durch, wenn sie beispielsweise durch Presseberichte oder auch auf Mitteilungen anderer Stellen, wie etwa der DPR oder der BaFin, darauf aufmerksam gemacht wird.

Ebner Stolz hatte den Abschluss der Greensill Bank für das Jahr 2019 testiert. Bei einer Sonderprüfung der Wirtschaftsprüfung KPMG, die von der BaFin veranlasst wurde, konnte die Existenz zahlreicher verbuchter Forderungen, die das Institut von seinem britischen Mutterkonzern aufgekauft hatte, nicht nachgewiesen werden.

"Aufgrund gesetzlicher Verschwiegenheitspflichten äußert sich Ebner Stolz nicht zu laufenden Prüfungsmandaten", heißt es auf Nachfrage von der Wirtschaftsprüfung. Man stehe in Kontakt mit allen beteiligten Behörden und habe Kooperation im Rahmen der rechtlichen Möglichkeiten angeboten. "Weder die verantwortlichen Prüfer noch Ebner Stolz als Unternehmen sind in dem Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft Bremen beschuldigt", stellt die Wirtschaftsprüfung noch klar.

Die BaFin hatte Anfang März wegen drohender Überschuldung ein Veräußerungs- und Zahlungsverbot bei Greensill erlassen. Mittlerweile hat die Bremer Staatsanwaltschaft ein Ermittlungsverfahren gegen die in Turbulenzen geratene Bremer Bank eingeleitet.

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Parallelen zum Fall Wirecard

Spätestens hier tun sich Parallelen zum Fall des mittlerweile insolventen Bezahldienstleisters Wirecard auf. Dort waren die Wirtschaftsprüfer von EY nicht hinter die Luftbuchungen im Bilanzskandal gestiegen. Der Fall hatte eine heftige Diskussion über Qualität und Kontrolle der Wirtschaftsprüfer-Testate ausgelöst, bei der auch die BaFin nicht gut weg kam. EY verlor wegen des Skandals Prüfungsmandate, mittlerweile prüft die BaFin die Eignung der Wirtschaftsprüfung für Banken.

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Apas rechtfertigt spätes Eingreifen bei Wirecard 

Ebner & Stolz ist die Nummer sieben unter den Wirtschaftsprüfern in Deutschland mit einem Umsatz von rund 250 Mio. Euro und etwa 1.700 Mitarbeitern.

Anlegerschützer sehen Potenzial für Regressforderungen

Nicht nur die BaFin nimmt die Arbeit der Wirtschaftprüfer bei Greensill nun genauer unter die Lupe. Auch Anwälte bereiten sich bereits auf mögliche Schadenersatzklagen vor.

"Wenn die BaFin nun so agiert, ist das ein deutlicher Hinweis darauf, dass die Bilanz manipuliert wurde und ein durchaus beunruhigender Schritt", sagt Peter Gundermann, Anwalt bei der Kanzlei Tilp im Gespräch mit FinanzBusiness.

Seine Kanzlei spricht bereits mit betroffenen Kommunen in dem Fall. Anders als die privaten Anleger sind diese nicht durch den Einlagensicherungsfonds der privaten Banken vor dem Ausfall ihrer Forderungen geschützt, sollte es zur Insolvenz der Bank kommen.

Immer mehr Kommunen zittern vor der Greensill-Pleite  

"Aus unserer Sicht zeigen sich hier immer mehr Parallelen zum Fall Wirecard. Wir lassen derzeit die Bilanzen für unsere Mandanten von Experten prüfen, um einschätzen zu können, ob es weitere Indizien für ein Fehlverhalten der Wirtschaftsprüfer und damit Anlass für Schadensersatzforderungen gegen sie gibt", so Gundermann.

Der Anlegerschutzexperte hat noch andere Akteure im Blick. "Es gibt aber auch Hinweise darauf, dass Finanzberater und auch die BaFin selbst in dem Fall eine Mitschuld tragen könnten", so Gundermann. Bereits am Montag hatte er im Gespräch mit FinanzBusiness auch das mögliche Versagen der BaFin als Möglichkeit für eine Klage ausgemacht.

"Sollte sich herausstellen, dass es hier zu groben Amtspflichtverletzungen gekommen ist, sehen wir auch die Möglichkeit der Amtshaftung", so Gundermann. Seine Kanzlei betritt bereits im Fall Wirecard rechtliches Neuland, indem man versucht, den Staat aufgrund der mutmaßlichen Versäumnisse der Aufsicht mit in die Haftung zu nehmen.

Kommunen und Profi-Anleger erwägen rechtliche Schritte im Fall Greensill 

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