Im Untersuchungsausschuss zum Wirecard-Bilanzskandal hat ein Mitarbeiter der Abschlussprüferaufsichtsstelle (Apas) das späte Eingreifen der Behörde in dem Fall gerechtfertigt. Nach einem Telefonat mit den Wirtschaftsprüfern von EY zu den Betrugsvorwürfen habe man den Eindruck gehabt, die Sache werde angegangen, sagte der 48-Jährige am Donnerstag vor dem Bundestags-Ausschuss.
Konkrete Anhaltspunkte dafür, dass die Prüfer ihre Berufspflicht verletzten, habe es zu diesem Zeitpunkt nicht gegeben. Ausschussmitglieder dagegen haben den Eindruck, dass sich EY mit dem Anruf bei der Aufsichtsbehörde habe absichern wollen.
EY segnete jahrelang die Bilanzen des inzwischen insolventen früheren Dax-Konzerns Wirecard ab - und ist mit dem Vorwurf konfrontiert, nicht genau genug hingeschaut zu haben. Denn Wirecard soll seit 2015 Scheingewinne ausgewiesen haben, im Sommer räumte der Konzern Luftbuchungen von 1,9 Milliarden Euro ein. Die Apas wiederum steht in dem Fall in der Kritik, weil sie erst im Sommer 2020 ein förmliches Berufaufsichtsverfahren gegen EY einleitete, obwohl sich die Vorwürfe bereits Monate zuvor verhärtet hatten.
Wirtschaftsprüfer & Wirecard: Apas gerät unter Druck, PwC will Bericht nicht veröffentlichen
APAS ermittelt schon seit 2019 wegen Wirecard gegen EY
"Die Apas scheint eine Zuschauerbehörde zu sein", kritisierte die SPD-Finanzpolitikerin Cansel Kiziltepe. Statt selbst aktiv zu werden, habe sie lediglich geschaut, was die Wirtschaftsprüfer von selbst getan hätten. Inzwischen hat die Prüfbehörde allerdings die Münchner Staatsanwaltschaft eingeschaltet und mehrere Verantwortliche bei EY wegen ihrer Rolle in dem Skandal angezeigt.
Apas-Chef handelte mit Aktien
Im Untersuchungsausschuss kam zudem raus, dass der Chef der Wirtschaftsprüferaufsicht während der Ermittlungen der Behörde zum Wirecard-Skandal mit Aktien des Skandalunternehmens gehandelt hat. Er habe die Aktien am 28. April 2020 gekauft und am 20. Mai wieder verkauft, sagte der Behördenleiter in der Nacht zum Freitag nach Angaben von Teilnehmern des Untersuchungsausschuss.
Der 28. April war der Tag, an dem der Börsenkurs von Wirecard abstürzte, nachdem die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft KPMG in einem Sonderbericht aufgedeckt hatte, dass es keine Nachweise zur Existenz von angeblichen Kundenbeziehungen und daraus erzielten Umsätzen des aufstrebenden Tech-Konzerns gab.