Warum die Bezahlkarte aus Holz das Klima auch nicht rettet

Bezahlkarten aus Holz kommen nachhaltig daher. Wer aber glaubt, dass er damit einen echten Beitrag zu mehr Klimaschutz leistet, der irrt gewaltig.

Meine neue Debitkarte ist aus Holz, und ja, ich bin in dieser Hinsicht ein Fashion Victim: Ich freue mich, ein schön gestaltetes Produkt aus dem Geldbeutel zu ziehen, wenn ich an der Ladenkasse oder im Café bezahle. Und sie fällt auf, diese Bezahlkarte. Ich werde immer wieder auf sie angesprochen, einmal wollte jemand sogar ein Foto der Karte schießen, um es seiner Bankberaterin zu zeigen.

Sorgen machte ich mir beim erstmaligen Geldabheben: Wird sie splittern oder abbrechen, wenn ich sie in den Automaten schiebe? Es ist nichts passiert, die Sorgen waren unbegründet. Die Holzkarte scheint sogar stabiler zu sein als die Plastikkarten. Ähnliches berichtet auch die GLS Bank, die inzwischen bei den Debitkarten voll auf das Material setzt: Holzkarten seien sogar bruchfester als Plastikkarten, beteuert eine Sprecherin. 

Ein schönes und robustes Produkt also, aber die Frage stellt sich: Reicht das? Immerhin kommen die Bankkarten aus Holz als besonders nachhaltig daher und werden oft in Verbindung mit ”grünen” Konto-Modellen ausgegeben. Doch Zweifel sind angebracht.

Die Hersteller - neben DG Nexolution gibt es zum Beispiel noch Exceet - beteuern, das Naturmaterial Holz liege deutlich vorne, wenn man den CO2-Ausstoss im Vergleich zu den anderen gängigen Kartenmaterialien betrachte. Weniger euphorisch sind allerdings Klimaschützer. Sie sehen nur einen kleinen Vorteil bei dem Naturmaterial. Denn viele Holzkarten haben einen Plasikkern, erst DG Nexolution ist es jetzt gelungen, darauf zu verzichten und zudem einen Bioklebstoff zu verwenden. Die ”Timbercard” des Unternehmens ist also theoretisch kompostierbar - es muss ”nur” der Chip, der Magnetstreifen und die Antenne entfernt werden. Schwer vorzustellen, dass das ernsthaft jemand macht und die Holzkarte auf dem Komposthaufen verrotten lässt.

Die Holzkarte stoppt den Klimawandel nicht

Aufschlussreich ist auch, was die Schweizer Onlinebank Neon uns berichtete. Sie hat den CO2-Footprint ihres Kontos untersuchen lassen - und dabei stellte sich heraus, dass die Bankkarten das kleinste Problem sind, wenn es um Nachhaltigkeit im Banking geht. Winzige 0,5 Prozent tragen die Bezahlkarten zum CO2-Ausstoss eines Kontos bei. Der Bankbetrieb an sich - Dienstleistungen und Standorte - verursacht sehr viel mehr Emissionen. 

Nun könnte man laut ”Greenwashing” schreien. Wenn man aber genau liest, bewerben weder Hersteller noch Banken die Holzkarten als Wundermittel in Sachen CO2-Reduktion. Für erklärte Nachhaltigkeitsbanken wie GLS oder Tomorrow sind die Holzkarten ein Symbol dafür, dass Kundschaft und Bank eben öko sind (oder sein wollen). Die Karte stehe für eine ”klimaneutrale Lebensweise und bewussten, nachhaltigen Konsum”, erkärte Tomorrow seinerzeit bei der Einführung der Holzkarte vor gut vier Jahren. Bei der GLS Bank heiß es: ”Wie die Bank, so die Karte.”

Und der Hersteller DG Nexolution formuliert sehr zurückhaltend: ”Mit Karten aus nachhaltigeren Materialien gehen Banken einen Schritt mit in Richtung Plastikvermeidung”. Und: Institute könnten sich mit Karten aus alternativen Materialien nachhaltig präsentieren - ”und dies dem Nutzer bei jedem Einsatz der Karte in Erinnerung zu rufen”. 

Im Klartext: Holzkarten sehen nachhaltig aus und sind es auch ein klein wenig. Aber vor allem sind sie ein neues Marketinginstrument für Banken.

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