Immer mehr Kommunen zittern vor der Greensill-Pleite

Auch die hessische Landeshauptstadt Wiesbaden gehört zu den Kommunen, die Millionen bei Greensill investiert haben. Denen bleibt im Fall einer Pleite nur der Klageweg, um Ansprüche zu sichern.
Wegweiser zeigt Loss Risk Profit (Symbolbild) | Foto: picture alliance / PantherMedia | Karsten Ehlers
Wegweiser zeigt Loss Risk Profit (Symbolbild) | Foto: picture alliance / PantherMedia | Karsten Ehlers
Ulrike Barth, dpa

Die Zahl der Kommunen, die um ihre Millionen-Einlagen bei der geschlossenen Bremer Greensill Bank bangen, wächst. Die hessische Landeshauptstadt Wiesbaden hat nach eigenen Angaben Termingelder von insgesamt 15 Mio. Euro angelegt. Hinzu komme eine Termingeld-Anlage von 5 Mio. Euro des Eigenbetriebes für Messe, Kongress und Tourismus, teilte die Stadt am Dienstag weiter mit.

Bundesweit sind Kommunen vom drohenden Untergang der Greensill Bank betroffen. Unter anderen haben die Stadt Osnabrück 14 Mio. Euro und die Stadt Monheim 38 Mio. Euro bei dem Institut angelegt, das von der Finanzaufsicht wegen drohender Überschuldung vorerst geschlossen wurde.

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Die Uni-Stadt Gießen bangt um 10 Mio. Euro. Die nordhessische Gemeinde Schauenburg hatte nach eigenen Angaben insgesamt 1 Mio. Euro angelegt.

Laut einem Bericht des Bremer Weser-Kurier haben zudem einige öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalten, unter ihnen der der Norddeutsche Rundfunk, Geld bei Greensill investiert.

Verlockender Zins

Hintergrund ist, dass die Greensill Bank AG in Zeiten von Null- und Negativzinsen Tages- und Festgeldanlagen zu ungewöhnlich hohen Sparzinsen angeboten hatte - nicht nur Kleinsparer griffen zu. Betroffene Kommunen verweisen darauf, dass bei der Entscheidung für die Bremer Bank die Bewertung - das Rating - berücksichtigt worden sei.

"Nach interner Überprüfung kann ich nur feststellen, dass vor Abschluss der Termingeldgeschäfte alle zu erfüllenden Kriterien mit der gebotenen Sorgfalt bewertet worden sind", sagte der Stadtkämmerer von Wiesbaden, Axel Imholz.

Zum Zeitpunkt der Anlage habe es auch eine positive Bewertung für Greensill gegeben. Bei einer Insolvenz der Bank würde die Stadt ihre Forderungen geltend machen. Aktuell lasse sich nicht sagen, "ob und in welcher Höhe uns ein finanzieller Schaden droht".

Es drohen Klagen

So sieht man das auch in Monheim und in der Stadt Emmerich, die ebenfalls von einer möglichen Pleite der Bank betroffen wäre. Denn durch den Einlagensicherungsfonds (EsF) des Bundesverbands deutscher Banken (BdB) sind beispielsweise die Kommunen seit 2017 nicht mehr geschützt.

In Emmerich hat man sich bereits "umgehend anwaltliche Expertise" eingeholt, wie FinanzBusiness erfuhr. Anwälte sehen in dem Fall gewisse Parallelen zu Wirecard - etwa was eine mögliche Haftung von Wirtschaftsprüfern oder der BaFin angeht, die bei Greensill zu spät vor dem wahren Zustand der Bank gewarnt haben soll.

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Nach Informationen aus Finanzkreisen stehen bei der Bremer Bank rund 3,6 Mrd. Euro an Einlagen im Feuer. Davon dürften etwa 3,1 Mrd. Euro durch die gesetzliche Einlagensicherung sowie EdF des BdB gesichert sein.

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Insolvenzanmeldung in Großbritannien

Bei der Mutter der angeschlagenen Greensill Bank haben inzwischen Insolvenzexperten der internationalen Unternehmensberatung Grant Thornton das Ruder übernommen. Für die in Großbritannien beheimateten Gesellschaften Greensill Capital (UK) Ltd und Greensill Capital Management Company (UK) Ltd sind demnach entsprechenden Verwalter eingesetzt worden.

Zudem habe die australische Gesellschaft Greensill Capital Pty Ltd beschlossen, Experten von Grant Thornton als freiwillige Verwalter in Australien zu bestellen.

In Deutschland hatte die Finanzaufsicht BaFin am 3. März die Bremer Tochter Greensill Bank AG wegen drohender Überschuldung mit sofortiger Wirkung geschlossen. Die Staatsanwaltschaft ermittelt nach einer Strafanzeige der BaFin.

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