Merkels Wirtschaftsberater verteidigt Umgang mit Wirecard

Bei der gestrigen Sondersitzung des Wirecard-Untersuchungsausschusses ging es nochmal um die Frage, ob das Bundeskanzleramt die Werbung von Kanzlerin Merkel in China hätte verhindern müssen. Außerdem steht weiterhin die Einflussnahme von Lobbyisten im Fokus, sowie die Frage, ob Karl-Theodor zu Guttenberg wahrheitsgemäß aussagte.
Lars-Hendrik Röller, Abteilungsleiter für den Bereich Wirtschaftspolitik im Bundeskanzleramt, verlässt die Sondersitzung des Wirecard-Ausschuss | Foto: picture alliance/dpa | Fabian Sommer
Lars-Hendrik Röller, Abteilungsleiter für den Bereich Wirtschaftspolitik im Bundeskanzleramt, verlässt die Sondersitzung des Wirecard-Ausschuss | Foto: picture alliance/dpa | Fabian Sommer

Der Leiter der Wirtschafts- und Finanzabteilung im Bundeskanzleramt, Lars-Hendrik Röller, sieht keine Versäumnisse seitens des Bundeskanzleramts in der Vorbereitung auf die China-Reise von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) im Dezember 2019.

"Wir gehen davon aus, dass Dax-Unternehmen geprüft sind und keine kriminellen Aktivitäten entwickeln", sagte Röller vor dem Wirecard-Untersuchungsausschuss. Er hätte zudem erwartet, dass die zuständigen Aufsichtsbehörden das Kanzleramt über Unregelmäßigkeiten informiert hätten.

"So lange das nicht passiert, ist es schwer, sich anders zu verhalten", sagte der Berater und verteidigte damit, dass sich Merkel vor Auffliegen des Bilanzskandals in China für Wirecard eingesetzt hat.

Wirecard-Anliegen passten hundertprozentig zum Regierungsprogramm

Das Anliegen des deutschen Zahlungsdienstleisters, in den chinesischen Markt einzusteigen, habe nach damaligem Wissen hundertprozentig in das Programm der Bundesregierung gepasst, sagte er. Das Kanzleramt habe zu diesem Zeitpunkt keine Informationen über schwerwiegende Unregelmäßigkeiten bei Wirecard gehabt.

Allerdings ist mittlerweile auch bekannt, dass in internen Mails aus Januar 2019 durchaus auf die schon damals lancierenden Medienberichte zu Bilanzmanipulationsvorwürfen hingewiesen wurde. Röller verwies in der Befragung durch die Abgeordneten darauf, sich nicht an solche oder ähnliche Vermerke erinnern zu können.

Bundeskanzleramt-Beamte warnten vor Merkels China-Reise vor Wirecard

Der Bundesbanker Michael Papageorgiou hatte abgeraten, dass Merkel den damaligen CEO Markus Braun treffe, stattdessen sollte Röller sich mit ihm austauschen. Dieses Alternativangebot wurde zunächst wiederum seitens Braun abgelehnt. Am 20. Mai 2020, also mehr als ein Jahr später und kurz vor dem Auffliegen des Bilanzskandals, telefonierten die beiden Männer dann aber doch.

Hat zu Guttenberg gelogen?

Der frühere Wirtschafts- und Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg hatte das Kanzleramt 2019 in seiner Rolle als Lobbyist auf Wirecards China-Pläne hingewiesen. Daraufhin seien Informationen zu dem Unternehmen in die Vorbereitungsmappe für die Kanzlerin zur Reise aufgenommen werden, sagte Röller. Das sei durchaus üblich - und normalerweise werde ein Unternehmen vorher auch nicht forensisch geprüft.

Zu Guttenberg hat bereits Mitte Dezember vor dem Untersuchungsausschuss ausgesagt. Dabei aber womöglich nicht ganz die Wahrheit gesagt, denn die Einflussnahme von Wirecard auf sein Handeln scheint größer gewesen zu sein, als er zugab.

Diesen Eindruck erweckt zumindest der "Aktionsplan Leerverkäufe" über den der Spiegel gestern berichtete. Das Papier wurde von der PR-Agentur Edelman knapp eine Woche vor Erscheinen eines Gastbeitrags von zu Guttenberg in der FAZ an Ex-Wirecard-Chef Markus Braun verschickt und empfahl Ansprechpartner in der Politik, Medien und bei der Börse. Unter "Zielgruppe Medien" wird auch ein Gastbeitrag des ehemaligen Ministers vorgeschlagen.

Der Aktionsplan soll in vielen Passagen sehr ähnlich mit dem von zu Guttenberg final formulierten Text in der Tageszeitung sein, in dem er sich für ein Leerverkaufsverbot für Zahlungsdienstleister und andere "systemrelevante Branchen" aussprach. Dass zu Guttenberg keine Kenntnis über das Papier hatte gilt als unwahrscheinlich - auch, weil er im Advisory Board des US-Mutterunternehmens Edelman sitzt.

Zwei weitere Sitzungen am Donnerstag

Ebenfalls gestern befragt wurde der ehemalige Erste Bürgermeister von Hamburg, Ole Von Beust, der mit seiner Firma Beust & Coll ebenfalls einen Auftrag für Lobbyarbeit von Wirecard hatte, sowie einer der Mitarbeiter, Joschka Langenbrink.

Runde zwei für das Bundeskanzleramt im Wirecard-Untersuchungsausschuss

In dieser Woche finden außerdem noch zwei weitere Sitzungen des Untersuchungsausschuss statt, beide am Donnerstag: Zunächst eine nicht-öffentliche Sitzung in der die Abgeordneten weiteres Vorgehen sowie Beweisanträge besprechen. Anschließend, ab 13:30 Uhr, treten hochrangige Bankmanager in den Zeugenstand.

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