Facebook-Währung Diem kehrt Europa den Rücken

Das Digitalwährungsprojekt von Facebook will seine Stablecoin-Pläne künftig in den USA weiter vorantreiben. Dazu geht man eine Kooperation mit der US-Bank Silvergate ein.
Kryptowährung und Logo von Diem | Foto: picture alliance / NurPhoto | Jakub Porzycki
Kryptowährung und Logo von Diem | Foto: picture alliance / NurPhoto | Jakub Porzycki

Diem zieht sich aus Europa zurück und setzt auf die USA. Gleichzeitig geht die hundertprozentigen Tochtergesellschaft, Diem Networks US mit der US-Bank Silvergate Capital Corporation eine strategische Partnerschaft ein.

Silvergate wird damit "zum exklusiven Emittenten des Diem USD Stablecoin", wie es in einer Mitteilung heißt. Gleichzeitig kündigt der Verein, der die Währung bislang in der Schweiz entwickelt hatte, an, den Betrieb von Diem in die Vereinigten Staaten zu verlegen. Seinen Antrag auf eine Zahlungssystemlizenz bei der Schweizer Finanzmarktaufsicht (Finma) zieht Diem zurück, sie sei "im Rahmen des neuen Modells nicht erforderlich", wie es in einer Mitteilung heißt.

Die Verlagerung in die USA stehe "im Einklang mit Diems ursprünglichem strategischen Fokus auf die Vereinigten Staaten und spiegelt Diems Überlegungen zum sich entwickelnden regulatorischen Umfeld für digitale Währungen in den USA wider".

Erste Reaktionen

"Spannend wird es nun zu sehen sein, wie die USA jetzt damit umgehen werden", schreibt Burkhard Balz, Vorstandsmitglied der Bundesbank zu der Nachricht auf Linkedin. In Europa war das Projekt zuletzt mit anhaltender Kritik und wachsender Regulierung konfortiert.

Was Kritiker freuen wird, ist für andere Marktbeobachter ein Verlust  für die Entwicklung in Europa. So befürchtete Philipp Sandner, Leiter des Blockchain Centers an der Frankfurt School of Finance, schon bei der Umstellung des Diem-Projekts auf den US-Stablecoin, es könne zu einer Scherenentwicklung kommen: "Aus europäischer Sicht kann dies problematisch sein, wenn der US-Dollar bei verschiedenen Stablecoins auf die Blockchain gebracht wurde - wie es der Fall ist - und das auch mit signifikanten Volumina", sagte Blockchain-Experte Sandner im einem FinanzBusiness-Interview. "Denn für den Euro gibt es keine vergleichbaren Projekte."

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Aus Libra wurde Diem

Dabei hatte das Projekt immer wieder versucht, Kritikern den Wind aus den Segeln zu nehmen. Erst vor einigen Monaten hatte Diem, die als Libra Association begonnen hatte, nicht nur ihren Namen sondern auch die Ausrichtung des Projekts radikal verändert - es war bereits die zweite strategische Neuausrichtung des Projekts, nachdem zuvor auch einige Partner den Trägerverein verlassen hatten.

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Anfang Dezember 2020 wurde aus dem bis dahin als Libra firmierenden Projekt Diem. Der Namenswechsel sollte auch einen Neuanfang markieren, denn gleichzeitig wurden die Pläne, die Digitalwährungen an einer Korb verschiedener Währungen zu binden durch ein neues Konzept ersetzt. Das sieht vor, dass Diem "nur" an den US-Dollar angelehnt sein soll.

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Der Schritt, die Emission des Diem USD Stablecoin nun auch in die Vereinigten Staaten zu verlagern ist somit wenig überraschend. Dort erhofft sich Diem wohl auch ein offeneres regulatorisches und politisches Umfeld - nachdem das Projekt in Europa ziemlichen Gegenwind bekam.

Gegenwind aus der Politik

Denn schon die Neujustierung des Projekts war eine Antwort auf die anhaltende Kritik an dem Stablecoin-Projekt. So hatten im Herbst 2020 Deutschland und vier weitere EU-Staaten strikte Regeln der Europäischen Union für neue Digitalwährungen wie das damals noch unter dem Namen "Libra" firmierende Pojekt gefordert und auch ein mögliches Verbot ins Spiel gebracht.

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Der Lizenzierungsprozess sei "im Gange, und die operative Tochtergesellschaft des Verbandes befindet sich in einem aktiven und produktiven Dialog mit der Finma", hieß es damals noch von Diem.

Doch auch nach dem Namenswechsel riss die Kritik an den Plänen nicht ab. So nannte Bundesfinanzminister Olaf Scholz Diem einen "Wolf im Schafspelz". Auf europäischer Ebene bemühte man sich zudem um einen deutlich strengeren Regulieurngsrahmen. Stablecoins wie Diem sollten unter anderem hohe Eigenkapitalvorgaben erfüllen. Zudem forderte die EZB zuletzt ein Vetorecht bei der Zulassung von Kryptowährungen.

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Zum Abschied aus Europa gibt sich Stuart Levey, Chief Executive Officer von Diem, trotzdem versöhnlich. "Während unsere Pläne das Projekt vollständig in den regulatorischen Rahmen der USA bringen und keine Lizenz der FINMA mehr erfordern, hat das Projekt sehr von dem intensiven Lizenzierungsprozess in der Schweiz und dem konstruktiven Feedback der FINMA und von mehr als zwei Dutzend anderen Regulierungsbehörden aus der ganzen Welt profitiert, die von der FINMA einberufen wurden, um das Projekt zu prüfen", so der CEO. 

Zuversicht für US-Pläne

"Wir glauben an die Zukunft von US-Dollar-gedeckten Stablecoins und ihr Potenzial, bestehende Zahlungssysteme zu verändern", sagte Alan Lane, Chief Executive Officer von Silvergate. Man freue sich, "an einem Punkt im Prozess zu sein, an dem wir dieses Produkt mit Zuversicht ankündigen können" um es gemeinsam mit Diem auf den Markt zu bringen. Silvergate einstweilen auch der einzige Finanzdienstleister in den USA sein, der an das Stablecoin-Projekt angeschlossen wird, wie aus einer Mitteilung der FINMA hervor geht.

Diem Networks US wird das Diem Payment Network (DPN) betreiben, ein zugelassenes Blockchain-basiertes Zahlungssystem, das den Echtzeit-Transfer von Diem Stablecoins zwischen zugelassenen Netzwerkteilnehmern ermöglicht.

Silvergate Capital ist eine 1988 gegründete und im Bundesstaat Kalifornien registrierte Bank. Das börsennotierte Institut ist Mitglied der Federal Reserve und für Diem-CEO Levey der "ideale Partner für Diem, da wir mit einem Blockchain-basierten Zahlungssystem vorankommen, das die Verbraucher schützt und die Integrität des Finanzsystems verbessert".

Diem Networks US wird sich als Gelddienstleistungsunternehmen beim Financial Crimes Enforcement Network des US-Finanzministeriums registrieren lassen.

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