Scholz' Cum-Ex-Lücke bleibt erst mal bestehen

Die Opposition im Bundestag ist mit Vorstößen gegen die Verjährung von Cum-Ex-Geschäften gescheitert. Der Finanzminister will jetzt selbst richten, was er bei der Einführung des Zweiten Corona-Steuerhilfegesetzes verschlimmbessert hatte.
Olaf Scholz spricht in einer aktuellen Stunde des Deutschen Bundestages zu den Cum-Ex Steuerdeals | Foto: picture alliance/Michael Kappeler/dpa
Olaf Scholz spricht in einer aktuellen Stunde des Deutschen Bundestages zu den Cum-Ex Steuerdeals | Foto: picture alliance/Michael Kappeler/dpa

In der vergangenen Woche sind zwei Vorschläge der Opposition im Finanzausschuss durchgefallen, die Behörden Zugriff auf die Beute auch in verjährten Cum-Ex-Betrugsfällen sichern sollten. Durch einen "Fehler" im Gesetz können sich Banken und andere Beteiligte nämlich in diesen Fällen derzeit in Sicherheit wiegen.

Die konkreten Vorschläge von den Fraktionen der Linken und der Grünen wurden von der Regierungsmehrheit im Ausschuss abgelehnt. Dabei hatte Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) erst in der vergangenen Woche selbst eine Korrektur des Gesetzes in Aussicht gestellt.

Scholz will verjährte Cum-Ex-Gewinne doch zurückholen  

"Es wäre ein Skandal, wenn der Bundestag nicht korrigieren würde, dass ohne Not bei Banken auf die Abschöpfung von Milliarden krimineller Cum-Ex-Erträge verzichtet werde", kommentierte der Linken-Abgeordnete Fabio De Masi, der einen der beiden Vorschläge eingebracht hatte.

"Wegen der aktuellen Gesetzeslücke drohen damit weiter Milliarden Euro an Steuergeld endgültig dem Fiskus verloren zu gehen", so die Grünen-Abgeordnete Lisa Paus zur Ablehnung ihrer Gesetzesinitiative auf Nachfrage von FinanzBusiness. Mit jedem Tag, der verstreiche, steige das Risiko, dass Gelder aus dem Cum-Ex-Steuerraub unwiederbringlich verjähren könnten. "Das ist Hohn für den Steuerzahler und lässt bei Cum-Ex-Steuerräubern die Sektkorken knallen."

Klärung aus dem BMF

Anders als noch eine Woche zuvor angekündigt, habe es die Koalition "auf einmal gar nicht mehr eilig", so Paus. Weitere Initiativen seien im Finanzausschuss erst einmal auf unbestimmte Zeit verschoben. Unklar blieb in der Sitzung des Finanzausschusses wohl auch, ob eine von Scholz angekündigte Korrektur von Justizministerin Lambrecht im Rahmen der Änderungen im Strafgesetzbuch kommen soll oder in der Abgabenordnung.

Dazu kam am Freitag auf Nachfrage von FinanzBusiness allerdings Klärung aus dem Bundesfinanzministerium: Man werde "in Kürze" gemeinsam mit dem Bundesjustizministerium einen Vorschlag zur "inhaltlichen Übernahme der Regelung des § 375a AO in das Strafgesetzbuch vorlegen", so eine Sprecherin. "Diese Regelung soll auch auf bereits verjährte Fälle angewendet werden."

Was im Corona-Steuerhilfegesetz schief ging

Eigentlich wollte sich Finanzminister Scholz als Cum-Ex-Aufklärer präsentieren, als er mit dem Zweiten Corona-Steuerhilfegesetz festschreiben ließ, dass auch in bereits verjährten Fällen Gewinne aus Steuergeschäften zurückgeholt werden können. Staatsanwaltschaften bekamen mit dem § 375a der Abgabenordnung (AO) die Möglichkeit, Erträge aus den Cum-Ex-Geschäften von Banken und anderen Beteiligten nach einer strafrechtlichen Verurteilung einzuziehen.

Das Problem: In einem anderen, neuen Paragrafen des Einführungsgesetzes zur Abgabenordnung (EGAO) wurde gleichzeitig festgelegt, dass diese Regelung nur für Steueransprüche gilt, die am 1. Juli 2020 noch nicht verjährt waren.

Hintertür für Cum-Ex-Täter

Wie es dazu kommen konnte? Die Ausnahmebedingung im zweiten Corona-Steuerhilfegesetz sei aufgrund von lobbyistischen Bemühungen noch schnell ins Gesetz geschrieben worden, so eine Vermutung in den Reihen der Opposition. Den rechtlichen Einwand, die Klausel habe aus Gründen des Vertrauensschutzes Eingang ins Gesetz gefunden, will man dort nicht gelten lassen. Ein Rückwirkungsverbot für belastende Gesetze, das sich aus dem Rechtsstaatsprinzip ableitet, gibt es aus ihrer Sicht nicht.

Ein Gutachten des wissenschaftlichen Dienstes des Bundestages stärkt den Politikern den Rücken. Dort heißt es, dass "das Zweite Corona-Steuerhilfegesetz in seinem Art. 6 mit der Einführung des § 375a AO eine Norm mit 'echter' Rückwirkung enthält. Eine solche ist allerdings verfassungsrechtlich grundsätzlich unzulässig. Daher scheint die zeitliche Beschränkung in § 34 EGAO zunächst geboten."

Opposition behält Scholz im Blick

Die Opposition wird in der Sache weiter Druck machen - auch weil noch unklar ist, welchen Stellenwert ein laufendes Verfahren beim Bundesfinanzhof in Sachen Vermögensabschöpfung für die geplanten Änderungen noch haben könnte.

Der Finanzausschuss will sich im Oktober noch einmal mit dem Thema befassen. Einen konkreten Zeitplan gibt es allerdings nicht.

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