Prozessauftakt gegen 'Cum-Ex'-Schlüsselfigur Berger

In Bonn beginnt heute der Prozess gegen den Steueranwalt Hanno Berger. Viele halten ihn für ein ”Mastermind” hinter den Cum-Ex-Geschäften.
Der Anwalt von Hanno Berger hält im März 2021 vor dem Prozessauftakt um "Cum-Ex"-Aktiendeals in Wiesbaden eine Akte mit der Aufschrift "Dr. Berger" in der Hand. Auch dort soll Berger sich dem Prozess stellen. | Foto: picture alliance/dpa | Boris Roessler
Der Anwalt von Hanno Berger hält im März 2021 vor dem Prozessauftakt um "Cum-Ex"-Aktiendeals in Wiesbaden eine Akte mit der Aufschrift "Dr. Berger" in der Hand. Auch dort soll Berger sich dem Prozess stellen. | Foto: picture alliance/dpa | Boris Roessler
Ulrike Barth, dpa

Im milliardenschweren ”Cum-Ex”-Steuerskandal beginnt vor dem Bonner Landgericht am Montag ein Strafprozess gegen den bekanntesten Akteur der Aktiendeals. Dem 71-jährigen Anwalt Hanno Berger werden drei Fälle besonders schwerer Steuerhinterziehung im Zeitraum 2007 bis 2013 vorgeworfen.

Der Angeklagte soll der Hamburger Privatbank M.M. Warburg zur Aufnahme von ”Cum-Ex”-Geschäften geraten und maßgeblich geholfen haben, die nötigen Strukturen einzurichten. Zudem soll er gutgläubige Investoren eingeworben haben. Dem Fiskus soll damit ein Schaden von 278 Mio. Euro entstanden sein, davon soll auch Berger profitiert haben (Aktenzeichen 62 KLs 2/20).

Von Finanzbeamten zum ”Cum-Ex”-Strippenzieher

Der Jurist war früher als Finanzbeamter für die hessische Steuerverwaltung tätig, später wechselte er gewissermaßen die Seiten und war eine Schlüsselfigur bei den ”Cum-Ex”-Geschäften, deren Hochphase 2006 begann und 2012 nach einer Gesetzesänderung endete.

Berger beriet Banken und reiche Privatinvestoren bei der Konstruktion der Geschäfte, bei denen Aktien mit (”cum”) und ohne (”ex”) Ausschüttungsanspruch rund um den Dividendenstichtag hin und hergeschoben wurden. Am Ende des Verwirrspiels erstatteten Finanzämter Steuern, die gar nicht gezahlt worden waren.

BGH: Cum-Ex-Geschäfte wären illegal

Lange war unklar, ob das nur dreiste Abzocke unter Ausnutzung einer Gesetzeslücke war oder eine Straftat. Im vergangenen Jahr entschied der Bundesgerichtshof, dass es eine Straftat gewesen war. ”Cum-Ex” wird die deutschen Gerichte noch Jahre beschäftigen, eine Vielzahl an Verfahren sind in Vorbereitung. Bisher gab es drei Urteile gegen ”Cum-Ex”-Akteure, die allesamt Schuldsprüche waren. Nun kommt Berger an die Reihe.

Das BGH-Urteil zu Cum-Ex gibt Ermittlern Auftrieb

Angeklagter im Cum-Ex-Prozess legt überraschend Geständnis ab

Berger selbst bestreitet die Vorwürfe, er hält die Cum-Ex-Deals auch im Rückblick für legitim - und fühlt sich zu Unrecht vom deutschen Staat verfolgt. Er sieht sich als Opfer eines Justizskandals. Der Jurist hatte sich 2012 in die Schweiz abgesetzt - das Oberlandesgericht Frankfurt wertete das als Flucht.

Gegen seine Auslieferung nach Deutschland hatte sich der ehemalige Steueranwalt mit allen rechtlichen Mitteln gewehrt - konnte sie aber letztlich nicht verhindern. Im Februar 2022 wurde er nach Deutschland ausgeliefert, wo er nicht nur in Bonn vor Gericht muss: Am 12. April beginnt vor dem Landgericht Wiesbaden ein weiteres ”Cum-Ex”-Verfahren gegen ihn.

Es geht nur noch darum, dass der Staat gewinnen muss, sagt Hanno Berger

Auslieferung Hanno Bergers nach Deutschland beschlossen

Landgericht Bonn erlässt Haftbefehl gegen Hanno Berger

Berger wird von vielen Cum-Ex-Beteiligten als Schlüsselfigur hinter den Steuerdeals beschrieben. Seine Erfahrung aus der Finanzverwaltung soll er immer wieder genutzt haben, um die rechtlichen Lücken zu finden, mit denen die Steuergeschäfte fortgeführt werden konnten - auch nachdem der Fiskus versuchte, diesen einen Riegel vorzuschieben.

Kronzeuge belastet Berger

Ein ehemaliger Sozius aus Bergers Kanzlei ist heute Kronzeuge der Anklage in den Bonner Cum-Ex-Strafprozessen. Zum Schutz seiner Persönlichkeitsrechte agiert er in der Öffentlichkeit nur unter dem Pseudonym Benjamin Frey. In seinen Aussagen hat er sowohl Mitglieder der Warburg-Bank, aber auch seinen damaligen Chef Berger schwer belastet.

Im Prozess gegen einen ehemaligen Warburg-Banker sagte Frey unter anderem aus, dass Berger und er von Warburg teilweise über Scheinrechnungen bezahlt worden seien, die von der Bank Sarasin für die angebliche Gewinnung von Kunden ausgestellt wurden. In Wirklichkeit sei darüber der Gewinnanteil an den Cum-Ex-Deals in die Taschen von Berger und Frey geflossen - und das sogar vorbei an der eigenen Kanzlei.

Die Bank selbst will ”Initiatoren, Abwickler und Profiteure” der Cum-Ex-Deals belangen - darunter auch Berger.

M.M. Warburg begleicht Steuerforderungen aus Cum-Ex-Geschäften

Hanno Berger nennt mögliche Klage der Warburg-Bank ”frivol”

Jetzt teilen

Zum Newsletter anmelden

Bleiben Sie mit unserem Newsletter immer auf dem aktuellen Stand der Entwicklungen Ihrer Branche.

Newsletter-Bedingungen

Lesen Sie auch