Angeklagter im Cum-Ex-Prozess legt überraschend Geständnis ab

Wie der WDR berichtet, hat der 63-Jährige am 13. Verhandlungstag eingelenkt und zugegeben, unter anderem falsche Bestätigungen unterschrieben zu haben, die für die Steuererstattungen nötig waren.
Eingang zum Landgericht Bonn. | Foto: picture alliance/dpa | Oliver Berg
Eingang zum Landgericht Bonn. | Foto: picture alliance/dpa | Oliver Berg
carolin kassella mit dpa

In einem "Cum-Ex"-Prozess vor dem Landgericht Bonn um den mutmaßlichen Steuerbetrug von mehr als 100 Mio. Euro hat sich der Angeklagte am Mittwoch ausführlich geäußert. Der einstige Geschäftsführer einer Tochtergesellschaft der Hamburger Privatbank M.M. Warburg habe sich in dem Verfahren an mehreren Tagen "umfangreich eingelassen", kommentierte eine Gerichtssprecherin nach Angaben des Senders WDR.

Zudem hatte der Twitter-Account "@WDRinvestigativ" aus dem Verhandlungssaal berichtet. "Es ist 9.35 Uhr am Mittwochmorgen, als der angeklagte Ex-Warburg-Banker alles bis dahin in diesem Prozess Gesehene auf den Kopf stellt. Bislang hatte der 63-Jährige stets bestritten, wissentlich am millionenschweren Steuerdiebstahl namens Cum-Ex beteiligt gewesen zu sein", heißt es in einem Tweet.

Doch an diesem Morgen habe der Angeklagte zu einer Erklärung angesetzt. Er habe sich die Vorgänge und Ereignisse schöngeredet, um sein damaliges Handeln zu rechtfertigen. "Das war falsch. Allerdings fällt es mir nach wie vor schwer, die richtigen, offenen Worte zu finden", zitiert der WDR den Mann.

Späte Einsicht

Vorherige Nachfragen des Gerichts hätten bei ihm zu einer Reflexion geführt, sagte er laut WDR. In seinem Geständnis räumte er schließlich ein, 2009 den Verdacht gehabt zu haben, dass es sich bei den Deals um jene handele, die der Gesetzgeber als missbräuchlich eingestuft hatte. Er habe auch falsche Bestätigungen unterschrieben, die für die Steuererstattungen dringend notwendig waren und so zur Verschleierung der Taten beigetragen. Das alles habe er aus Angst um seine Karriere getan.

Dem Angeklagten wird vorgeworfen, mit seinem Wirken einen Steuerschaden von 109 Mio. Euro verursacht zu haben. Die Verhandlung wird an diesem Donnerstag fortgesetzt.

Schaden im 'Cum-Ex'-Steuerskandal dreimal so hoch wie gedacht 

Die vergleichsweise offenen Worte des Bankers am 13. Verhandlungstag kamen überraschend. Der einstige Geschäftsführer einer Warburg-Tochter in Luxemburg ist damit der erste Akteur der traditionsreichen Hamburger Bankengruppe, der ein Geständnis ablegt. So hatte ein ehemaliger Generalbevollmächtigter der Bank bis zuletzt seine Unschuld erklärt. Der 72-Jährige wurde zu einer Gefängnisstrafe von fünf Jahren und sechs Monaten verurteilt; der Richterspruch ist noch nicht rechtskräftig.

Auch die Eigentümer der Warburg Bank, Christian Olearius und Max Warburg, bestreiten bislang, von den strafbaren Hintergründen der Cum-Ex-Geschäfte gewusst zu haben.

Anteilseigner der Warburg-Bank scheitern vor Bundesverfassungsgericht

Bei "Cum-Ex"-Geschäften schoben Banken, Investoren und Fonds rund um den Dividendenstichtag Aktien mit ("Cum") und ohne ("Ex") Ausschüttungsanspruch hin und her. Das Ziel war dabei, Steuern erstattet zu bekommen, die gar nicht gezahlt worden waren. Der Staat büßte dadurch Schätzungen zufolge einen zweistelligen Milliarden-Euro-Betrag ein.

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