Die meisten Neobanken verbrennen Geld

Weniger als fünf Prozent der weltweit agierenden Neobanken arbeiten kostendeckend. Und die deutschen werden in Sachen Innovationsgeschwindigkeit und Ertragsstärke von der internationalen Konkurrenz abgehängt.
Die App der britischen Finanzplattform Revolut wird auf dem Bildschirm eines Smartphones neben Apps weiterer Finanz- und Bezahldienster angezeigt. | Foto: picture alliance/dpa/dpa-Zentralbild | Monika Skolimowska
Die App der britischen Finanzplattform Revolut wird auf dem Bildschirm eines Smartphones neben Apps weiterer Finanz- und Bezahldienster angezeigt. | Foto: picture alliance/dpa/dpa-Zentralbild | Monika Skolimowska
Ulrike Barth

Fast ein Jahrzehnt nach dem Start des Neobanking-Hypes ist fast keine der rund 400 weltweit existierenden Newcomer-Banken rentabel. Zu diesem Ergebnis kommt ein Studie der Beratungsgesellschaft von Simon-Kucher & Partners. Der ”Global Neobanking Radar" bewertet weltweit das Potenzial für nachhaltiges Wachstum von Neobanken

Dazu haben die Berater in ihrer firmeneigenen Datenbank Neobanken auf der ganzen Welt getrackt und unter anderem ihre Aktivitätsniveaus, die Finanzierung und die Bewertungen unter die Lupe genommen. Das Ergebnis: Nur zwei von 25 der größten Neobanken arbeiten kostendeckend. Von den rund 400 Neobanken, die zusammen fast eine Milliarde Kundenkonten betreuen, schaffen es nur weniger als fünf Prozent über die Gewinnschwelle. Der Großteil erwirtschaftet pro Kunde im Jahr sogar unter 28 Euro - und das gilt auch für renommierte Neobanken.

”Der Wechsel von ‚Get Reach‘ zu ‚Get Rich‘ erfordert einen radikalen Bewusstseinswandel, der nicht einfach umzusetzen ist“, sagt Christoph Stegmeier, Senior Partner bei Simon-Kucher. ”Dennoch ist es fundamental wichtig, dass Neobanken diesen Sprung schaffen, insbesondere wenn sie sich ihrem sechsten oder siebten Betriebsjahr nähern. Das Risiko des Scheiterns steigt zu diesem Zeitpunkt exponentiell an. Vor allem, wenn das Unternehmen dann noch nicht einmal die Gewinnzone erreicht hat.”

Aber wer ist eigentlich Neobank? Simon Kucher definiert den Begriff für die Studie so: ”Mobil ausgerichtete Challenger-Banken, die darauf abzielen, primäre, rein digitale Kundenbeziehungen über mehrere Produkte hinweg aufzubauen. Kern dieses Ziels ist die Unterbrechung traditioneller Bankprozesse oder -angebote und eine deutlich verbesserte Kundenerfahrung”.

Es wird weiter gegründet

Nach einem noch nie dagewesenen Anstieg der Bewertungen im Jahr 2021 ist die Branche insgesamt rund 300 Mrd. Dollar wert. Globale Pioniere wie Nubank, Dave und Revolut sind entweder bereits an die Börse gegangen oder bereiten sich darauf vor.

Start-up-Finanzierung steigt auf Rekordwert

Fintechs profitieren vom Geldregen der Risikokapitalgeber

Obwohl der Markt also erwachsener wird, werden weiterhin Neobanken gegründet. Simon & Kucher macht allerdings das Jahr 2020 als Gipfel der Gründungseuphorie aus, mit 94 neuen Fintechs. 2021 kamen immerhin noch 59 neue hinzu. Bei jeder dritten Neugründung handele es sich um reine Digitalbanken oder sogenannte ”Innovation Speedboats“, also ein Digital Ventures innerhalb eines größeren Finanzdienstleistungsunternehmens. Ein Trend, der sich laut Simon-Kucher weiter verstärken wird, weil immer mehr etablierte Banken nach Optionen suchen, in die digitale Welt einzusteigen.

In gesättigten Märkten wenden die Newcomer aber schon andere Strategien an: Sie bewegen sich auf bestimmte Nischen zu, konzentrieren sich auf bestimmte Segmente, Berufsgruppen oder das geschlechtsspezifische Angebote.

Deutsche Neobanken könnten ins Hintertreffen geraten

In Deutschland gibt es derzeit zwischen sieben und acht Millionen Neobank-Kunden. Gemäß dem Ranking von Simon & Kucher liegen die deutschen Neobanken im aktuellen Länder-Vergleich auf Platz 8 von 60. Bewertet wurde dabei unter anderem der Umfang der Neobanking-Aktivitäten, die generelle Bereitschaft zum digitalen Banking, die Kundendurchdringung von Neobanken sowie ihre Bewertung und Finanzierung.

”Darauf ausruhen sollten sich die heimischen Neobanken allerdings nicht“, erläutert Christoph Stegmeier. ”Die Platzierung beruht auf dem vergleichsweise frühen Markteintritt der hiesigen Banken. Mittlerweile aber haben internationale Neobanken die deutschen Vertreter in Sachen Innovationsgeschwindigkeit und Ertragsstärke deutlich überflügelt.”

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