Wirecard fliegt aus dem Dax - und muss sich einem ersten Prozess stellen

Wirecard verlässt den deutschen Leitindex. Und in Singapur startet eine erstes Gerichtsverfahren, das sich mit dem Bilanzskandal beschäftigt.
Sitz der Wirecard AG in Aschheim | Foto: picture alliance / SvenSimon
Sitz der Wirecard AG in Aschheim | Foto: picture alliance / SvenSimon

Nun ist es offiziell: Nach der Insolvenz der Wirecard AG hat die Deutsche Börse den Zahlungsdienstleister am Mittwoch (19. August) aus dem Dax entfernt. Den Platz übernimmt ab dem kommenden Montag (24. August) der Lieferdienst Delivery Hero SE.

Wie die Süddeutsche Zeitung berichtet, beginnt in Singapur zudem ein erstes Gerichtsverfahren wegen des Bilanzskandals, der zum Kursverfall von Wirecard an der Börse und schließlich zur Insolvenz des Konzerns führte.

Prozess in Singapur beginnt

Dort muss sich R. S., ehemaliger Chef der Firma Citadelle und viele Jahre Treuhänder von Wirecard, einem Strafprozess stellen. Der 54-Jährige ist nach Ansicht der Ermittler eine der Schlüsselfiguren im mutmaßlichen Milliardenbetrug bei Wirecard.

In dem am Donnerstag (20. August) beginnenden Prozess wird R. laut der Zeitung die "Fälschung von Konten" und die "Ausübung eines Treuhandgeschäfts ohne eine Lizenz" vorgeworfen. Demnach haben Polizei und die Monetary Authority of Singapore Anfang Juli Untersuchungen gegen Citadelle und die mit ihr verbundene Firma Senjo eingeleitet.

Senjo war eines der wichtigsten Partnerunternehmen von Wirecard. Der Treuhänder kümmerte sich auch um die Investmentfirma YO54 Holding, die wiederum die Muttergesellschaft von Senjo war.

Scheingeschäfte in Asien

Die Konstellation ermöglichte ihm wohl, auf dem Papier über Senjo im Auftrag von Wirecard Hunderte Millionen Euro umzusetzen. Das Geld landete dann vermeintlich auf den Treuhandkonten, die Citadelle verwaltete. S. soll Unterlagen so manipuliert haben, dass der Eindruck erweckt wurde, als verwalte Citadelle treuhänderisch mehrere Hundert Millionen Euro, obwohl es das Geld in Wahrheit nie gab.

In dem in Asien aufgebauten Betrugssystem soll Wirecard Firmen immer wieder Geld geliehen haben, hinter denen vor allem frühere Konzernmanager und teils auch deren Familien standen, berichtet die SZ. Ex-Finanz-Vorstand Jan Marsalek, der weiterhin per internationalem Haftbefehl gesucht wird, soll dabei eine zentrale Rolle gespielt haben.

BKA fahndet öffentlich nach ehemaligem Wirecard-COO Jan Marsalek

Mit dem Geld fingierten die Gesellschaften dann Scheingeschäfte, um die Bilanz zu verbessern, so der Verdacht der Ermittler. Bis zum ersten Quartal 2020 soll Wirecard asiatischen Firmen Kredite in Höhe von fast 870 Mio. Euro gewährt haben.

In Deutschland wird die Aufklärung noch dauern

In Deutschland liegen der Anti-Geldwäsche-Einheit des Zolls Dutzende Verdachtsmeldungen gegen Mitglieder der Wirecard-Führungsriege vor. In den vergangenen eineinhalb Jahren hat die Financial Intelligence Unit (FIU) 36 Geldwäscheanzeigen gegen Vorstände und Aufsichtsräte des Konzerns erhalten. Das geht aus einer Antwort des Bundesfinanzministeriums auf eine Anfrage des Grünen-Abgeordneten Danyal Bayaz hervor über die das Handelsblatt am Dienstag (20. August) berichtete.

Ex-CEO Markus Braun und zwei weitere Ex-Manager sitzen seit Mitte Juli in Haft. Die Münchner Staatsanwaltschaft wirft ihnen vor, bereits seit 2015 die Bilanz des Unternehmens aufgebläht zu haben.

Braun und zwei weitere Ex-Wirecard-Manager festgenommen 

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