EZB will mit den Extragewinnen der Banken durch die TLTRO-Kredite Schluss machen

Die EZB steht angeblich kurz vor einer Regeländerung zu den supergünstigen Langzeitkrediten. Die Ausgestaltung werde Banken wehtun - und das sei auch Absicht, so ein Insider. Drei Optionen liegen auf dem Tisch.
Die EZB am Frankfurter Mainufer. | Foto: picture alliance / greatif | Florian Gaul
Die EZB am Frankfurter Mainufer. | Foto: picture alliance / greatif | Florian Gaul
Reuters

Die Währungshüter der EZB stehen Insidern zufolge kurz vor einer Vereinbarung zur Änderung von Regeln für supergünstige Langfristkredite an Banken in Billionenhöhe. Mit einem solchen Schritt würden die Euro-Wächter risikolose Extragewinne der Geldhäuser im Währungsraum um mehrere zehn Milliarden Euro verringern, sagten mit den Diskussionen vertraute Personen zu Reuters.

”Wir sind sehr nahe dran und eine Entscheidung wird bald kommen”, sagte einer der Insider am Rande des Jahrestreffens des Internationalen Währungsfonds (IWF) und der Weltbank. ”Die endgültige Ausgestaltung wird den Banken wehtun und das ist auch unsere Absicht”, ergänzte die Person.

Die Europäische Zentralbank (EZB) hatte in den vergangenen Jahren eine Serie zielgerichteter Kreditspritzen - in der Fachwelt ”TLTRO” genannt - aufgelegt, um während der Corona-Krise dafür zu sorgen, dass die Institute ausreichend Liquidität besitzen. Der Kreditfluss an die Wirtschaft sollte damit aufrecht erhalten werden.

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Die Banken im Euroraum halten aus solchen Krediten derzeit Gelder in Höhe von rund 2,1 Billionen Euro. Durch die unerwartet kräftigen Zinserhöhungen der EZB in diesem Jahr wurden aber mittlerweile die Strafzinsen für Banken abgeschafft und der Einlagenzins auf aktuell 0,75 Prozent gesetzt. Den Instituten winken dadurch nun Milliarden an risikolosen Extragewinnen aus den Konditionen dieser Kredite. Dazu müssen sie die TLTRO-Gelder nur bei der Notenbank bis zum Auslaufen des Programm parken. An solche Extragewinne der Banken war damals nicht gedacht worden.

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Die Insider merkten an, dass eine Entscheidung auf der Zinssitzung am 27. Oktober anstehen könnte. Denn zu warten, bringe keine Vorteile, hieß es. Die Auswirkungen der Änderungen würden sich auf etwa 30 bis 40 Milliarden Euro pro Jahr belaufen, sagte einer der Eingeweihten.

Laut einer anderen mit den Plänen vertrauten Person könnte der Effekt sogar noch viel größer sein, wenn die Zinsen noch weiter ansteigen, wie es die Märkte aktuell erwarten. So wird derzeit damit gerechnet, dass der Einlagensatz bis zum Jahresende noch auf annährend 2,0 Prozent klettern und 2023 noch weiter angehoben werden könnte. Damit würden die Zusatzgewinne der Banken noch einmal deutlich anschwellen. Ein EZB-Sprecher lehnte eine Stellungnahme dazu ab.

Drei Optionen liegen auf dem Tisch

Von den drei laut Insidern verbliebenen Vorschlägen wäre die einfachste Option, die ursprünglichen Bedingungen der TLTRO-Kredite abzuändern, so dass bei der EZB geparktes Geld nicht mehr zum Einlagensatz verzinst würde. Dies würde alle Banken gleichermaßen betreffen. Dieser Option könnten jedoch rechtlichen Hürden entgegenstehen, da Banken dann möglicherweise Klagen einreichten, hieß es.

Eine andere Option wäre, Gelder aus TLTRO-Krediten ähnlich zu behandeln wie die Mindestreserven, die von den Geschäftsbanken bei der Notenbank gehalten werden. Diese Reserven werden aktuell mit 0,5 Prozent verzinst, was unter dem EZB-Einlagensatz liegt.

Eine dritte Option wäre eine Art Staffelung, die es den Banken ermöglichen würde, bis zu einem bestimmten Schwellenwert günstigere Zinsen zu erhalten. Ab dieser Schwelle würde dann ein niedrigerer Satz greifen.

Extragewinne sind politisch nicht akzeptabel

EZB-Vertreter argumentieren unter anderem, es sei politisch nicht akzeptabel, dass Banken in einer Zeit hohe Extragewinne einfahren können, in der sich die Konjunktur abschwäche und viele Haushalte mit wirtschaftlichen Härten konfrontiert seien.

Zudem führen sie an, dass diese Vorteile für Banken nicht mit der aktuellen Ausrichtung der Zentralbank in Einklang zu bringen seien, die auf eine Straffung der Geldpolitik abziele. Zudem führe die sehr günstige Verzinsung der TLTRO-Gelder dazu, dass die Gewinne der nationalen Notenbanken im Euroraum geschmälert würden. Im Extremfall könnten deren Kapitalpuffer so stark aufgezehrt werden, dass Regierungen dann möglicherweise Rekapitalisierungsschritte einleiten müssten.

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