"Wir wissen, dass wir bei unserer Diversity&Inclusion-Kultur noch am Anfang stehen", sagt Doreen Schmidt

Die Co-Chair des Germany Diversity Council (GDC) bei J.P. Morgan beschreibt im Gespräch mit FinanzBusiness den bisherigen Fortschritt der Initiativen, warum das GDC als Matrix-Organisation aufgestellt ist und wie Mitarbeiter aktiv eingebunden werden.
Niederlassung von J.P. Morgan in Frankfurt | Foto: J.P. Morgan
Niederlassung von J.P. Morgan in Frankfurt | Foto: J.P. Morgan

Die Förderung von Diversität und Vielfalt in ihrer Belegschaft ist für Banken weltweit kein Nischenthema mehr. Breit angelegte Initiativen zur Unterstützung von "Diversity & Inclusion" existieren bei Instituten mit einem angloamerikanisch geprägten Hintergrund seit Jahren.

Auslöser in den USA waren Antidiskriminierungsklagen, die ab Ende der 1960er-Jahre vor der Equal Employment Opportunity Commission (EEOC) verhandelt wurden. In der Folge entwickelten Unternehmen entsprechende Programme. Die Sensibilität für das Thema und die gesellschaftliche Relevanz insgesamt gewannen seither stetig an Bedeutung.

Vergangenes Jahr initiierte die Deutsche Bank strukturelle Änderungen für mehr unternehmensinterne Diversität und Vielfalt in ihrer US-Niederlassung.

Deutsche Bank bemüht sich um Vielfalt in US-Niederlassung

Mittlerweile ist das Thema Diversität und Inklusion in Deutschland für Banken aus der Personalarbeit nicht mehr wegzudenken und strukturell verankert, wie die Aktivitäten der US-amerikanischen Großbank J.P. Morgan hierzulande belegen.

Germany Diversity Council besteht seit 2019

Doreen Schmidt ist neben ihrer Rolle als Executive Director im Bereich Cash Equities Sales seit vergangenem Jahr Co-Chair des Germany Diversity Council (GDC) bei J.P. Morgan, gemeinsam mit dem Vize-Chef des Investmentbankings in der DACH-Region, Christian Kames.

"Der Aufbau des Germany Diversity Council war ein schrittweiser Prozess", sagt Schmidt. "Ich habe vor zehn Jahren bei J.P. Morgan angefangen - damals stand das Thema zwar schon im Raum, war jedoch bei Weitem nicht so sehr im Fokus wie heute."

Bei J.P. Morgan gebe es mittlerweile 30 Diversity Councils in Europa. Diese strukturieren sich sowohl regional als auch nach Line of Business (auf Deutsch: Geschäftsfeld). Die Diversity Councils sind also als Matrix-Organisation aufgestellt. "Somit haben Mitarbeiter verschiedene Möglichkeiten, aktiv zu werden. Wir arbeiten in Verbindung miteinander, die Ziele sind ähnlich", so Schmidt. "Im Equities & Markets Bereich stehe ich beispielsweise viel in Kontakt zum Equity Diversity Council", sagt sie. In Frankfurt ist das Germany Diversity Council in 2019 gestartet.

"Als Firma erkennt J.P. Morgan an, dass es nicht nur für die Mitarbeiter einen Unterschied macht, sondern auch für den ganzen Betrieb, wenn jeder authentisch sein kann und unterschiedliche persönliche Backgrounds einbringen kann, was auch zu deutlich höherer Arbeitsmotivation führt. So sollte jeder sein Potenzial nutzen können. Bessere Ergebnisse können erzielt werden, wenn ein Thema divers betrachtet wird", ist sie überzeugt.

Das GDC setzt sich aus einer Reihe von Arbeitsgruppen zusammen, diese bearbeiten unter anderem die Themen Geschlechter, LGBT+, Behinderung und mentale Gesundheit, oder Campus-Recruiting.

Drei große Projekte

Momentan betreue das GDC drei große Projekte, erzählt Schmidt:

  1. Zum übergeordneten Thema "unconscious bias" (auf Deutsch etwa: unbewusste Voreingenommenheit): Dabei werden die Hiring Managers, die Einstellungsenscheidungen treffen, sowie Team Leaders - also jene in Managerfunktionen - eingeladen zu Trainings oder Workshops.
  2. "Manager Accountability for Diversity": "Wir wollen die Team Leader stärker in die Verantwortung nehmen", sagt Schmidt.
  3. "Dynamic & Flexible working":  Es richtet sich unter anderem an berufstätige Eltern oder Mitarbeiter, deren Angehörige gepflegt werden müssen. "Wir wollen damit einen Beitrag zu ihrer Entlastung leisten", kommentiert sie.

Doch wie passen diese Initiativen, die sich auch um das Thema mentale Gesundheit drehen, zu Schlagzeilen in einigen Medien über unmenschliche Arbeitsbedingungen im Investmentbanking? Erst kürzlich flammte die Diskussion dazu wieder auf, als ein mutmaßlich internes Dokument von Goldman-Sachs-Analysten im Netz zirkulierte.

Goldman Sachs nimmt Beschwerden über extreme Arbeitsbelastung "sehr ernst" 

"Natürlich wollen wir als Firma erfolgreich sein, aber auch unsere Mitarbeiter glücklich machen. Diese beiden Ziele müssen sich nicht zwangsläufig ausschließen. Wenn der Mitarbeiter zufrieden ist, sich wohl und als Teil des ganzen fühlt, dann ist es möglich, mit ihm individuelle Lösungen zu finden. Es ist also wichtig, Richtung Flexibilität und gute Kommunikation zu zielen. Das ist die Kunst. Es erfordert viel Vertrauen und Teamwork", sagt Schmidt.

Konstruktives Feedback der Mitarbeiter erwünscht

Bei J.P. Morgan (JPM) Deutschland sieht man sich noch vor einem langen Weg bei der D&I-Förderung: "Wir möchten von unseren Mitarbeitern Feedback hören und ermutigen sie, sich aktiv mit Vorschlägen an uns zu wenden, was wir aus Sicht von Diversity&Inclusion noch tun können. Und einige sind mit großartigen Ideen zu uns gekommen. Wir bestärken sie, sich zu äußern, wenn etwas nicht funktioniert, und einige haben das auch getan", berichtet Schmidt.

"Wir möchten sicherstellen, dass alle Initiativen, die wir verfolgen, die richtigen für den langfristigen Erfolg jedes einzelnen Mitarbeiters und unseres Unternehmens sind. Wir wissen, dass wir am Anfang unseres Weges stehen, um unsere Diversity&Inclusion-Kultur in der Firma weiter zu verbessern", sagt sie.

Gründung der deutschen VETs-Initiative

2020 wurde zudem die deutsche Vertretung der "VETs" Business Resource Group gegründet. Dabei handelt es sich um die gezielte Förderung und Einstellung von Veteranen, also ehemaligen Angehörigen der Streitkräfte.

Bereits 2011 gründete JPM das Military Transition Program (MTP). Seit seiner Einführung habe es erfolgreich leistungsstarke Veteranen und Angehörige der Streitkräfte für Positionen in allen Geschäftsbereichen und auf allen Erfahrungsebenen rekrutiert, heißt es von JPM. Das MTP startete im Februar dieses Jahres auch in Frankfurt.

Veteranen verfügen über wertvolle Fähigkeiten

Christopher Johnstone verbrachte 18 Jahre beim britischen Militär und kam über das MTP in London im EMEA Credit Risk für das Natural Resources Team zu JPM, bevor er nach Frankfurt wechselte, wo er jetzt im Bereich Compliance arbeitet.

"Die Fähigkeit, ruhig zu bleiben und tragfähige Pläne für komplexe Problemstellungen zu entwickeln und gleichzeitig das Engagement der Stakeholder aufrechtzuerhalten, ist etwas, was Veteranen 'in ihrer DNA haben'. Das Umfeld and die Kultur bei J.P. Morgan fördern ein Gefühl der Zusammenarbeit, so dass man sich sofort unterstützt und als Teil des Teams fühlt", sagt Johnstone zu FinanzBusiness.

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