Die Vorständin hat auch bei den Genossenschaftsbanken Seltenheitswert

Als Rita Herbers im Sommer vergangenen Jahres Vorständin der Hamburger Volksbank wurde, legte das Institut großen Wert darauf zu betonen, dass Herbers eine Frau ist - der Fakt sollte die moderne Ausrichtung des Hauses unterstreichen, die Offenheit für Neues.
Hamburger Volksbank beruft erstmals in 160-jähriger Firmengeschichte eine Frau in den Vorstand
Eine Frau im Führungsgremium gilt also scheinbar nach wie vor als Novum. Zu recht? FinanzBusiness hat nachgezählt: Wie viele Vorstände haben die 100 größten Genossenschaftsbanken des Landes? Wo übernehmen Frauen eine führende Rolle, wo stehen sie sogar ganz oben - an der Spitze?

Für das Ergebnis genügen zwei Sätze: Unter den insgesamt 333 Vorständen gibt es 19 Frauen, was einer Quote von 5,7 Prozent entspricht. Diese 19 Frauen verteilen sich auf 15 Institute, die einzige weibliche Vorstandsvorsitzende darunter heißt Eva Wunsch-Weber und arbeitet für die Frankfurter Volksbank.
Sieht das Gesamtbild anders aus?
Damit fügen sich die Genossenschaftsbanken in das Gesamtbild der Bankenbranche ein. Laut dem Managerinnen-Barometer 2021 des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung gab es unter den 100 größten Instituten im vergangenen Jahr 10,5 Prozent Frauen. Und auch unter den 919 Sparkassen-Vorständen sind gerade mal 53 Frauen, was einer Quote von 5,8 Prozent entspricht.
In den meisten Fällen bleiben Männer in Bankinstituten also nach wie vor unter sich, zumindest im obersten Führungsgremium und vor allem bei den kleineren Instituten aus der zweiten und dritten Säule des Bankensektors. Auf den unteren Ebenen sieht es mittlerweile zwar hier und da anders aus, wie ein Blick in die Personalmeldungen der vergangenen Monate zeigt. Doch klar ist auch: In den Führungsebnen unterhalb des Vorstands gibt es in Sachen Frauenförderung noch hinreichend Nachholbedarf.

Eine Ausnahme ist Natalija Korbmacher. Die Generalbevollmächtigte der Volksbank Mittelhessen repräsentiert das neue Zeitalter der Bankbelegschaft - und vertritt dieses auch deutlich nach außen: "Die Themen Diversität und Mixed Teams sind schon seit vielen Jahren gelebte Praxis in unserer Bank. In Projekten arbeiten Mitarbeiter - vom Azubi bis zum Bereichsleiter - auf Augenhöhe zusammen", sagt sie im Gespräch mit FinanzBusiness. Davon würden sowohl einzelne Angestellte als auch das gesamte Unternehmen profitieren.
"Und genauso selbstverständlich erfolgt auch die Besetzung offener Stellen: Es wird nicht nach Geschlecht, sondern nach Kompetenzen besetzt. Dementsprechend haben wir auf allen Ebenen Frauen in Führungspositionen, die das Unternehmen bereichern", sagt Korbmacher im Interview.
Wer keine Führungsaufgabe übernehmen wolle, könne sich für eine Fachkarriere entscheiden und seine Expertise ausbauen und einbringen. "Damit bietet die Bank allen Mitarbeitern die gleichen Perspektiven und Chancen", so Korbmacher zu FinanzBusiness.
Die 'Top-Down'-Methode ist nicht mehr zeitgemäß, sagt Natalija Korbmacher
Frauenquote auch in Vorstandsgremien
Die gleiche Chancen für alle, das ist auch das Ziel, welches die Bundesregierung mit der 2020 beschlossenen Frauenquote in den Vorstandsgremien der Unternehmen erreichen will. Der Gesetzesentwurf, auf den sich die Regierung geeinigt hat, sieht vor, dass Unternehmen, die sowohl börsennotiert als auch paritätisch beaufsichtigt sind - also mindestens 2000 Angestellte haben -, bei einem Vorstand von vier Personen mindestens eine Frau dabei sein muss.
Dies würde beispielsweise auf die Apobank zutreffen. Diese hat das potenzielle Problem aber bereits vorzeitig gelöst, indem Jenny Friese zum 1. Januar 2021 in den Vorstand berufen wurde.
In einer weiteren Ausbaustufe könnten dann auch Körperschaften des öffentlichen Rechts eine Quote auferlegt bekommen - dies träfe dann auch auf Sparkassen zu.
Der Sparkassensektor hat über die Unternehmensberatung Barkow Consulting ermitteln lassen: Sollte die Quote kommen, müssten 24 Frauen neu in den Vorstand berufen werden. Als Basis rechnet Barkow Consulting, dass acht Prozent der 377 Sparkassen mehr als drei Vorstände haben, davon hätten sechs schon jetzt eine Frau im Gremium. Die Anwendung der Regeln würde die Quote auf 8,4 Prozent steigen lassen.
Der Osten liegt bei der Frauenquote in Sparkassen-Vorständen vorne