Fast 200 Kreditinstitute geben Negativzinsen an Sparer weiter

Laut einer Auswertung des Vergleichsportals Verivox 24 haben zum Jahresanfang 20 weitere Institute Strafzinsen eingeführt.
Oliver Maier, Geschäftsführer der Verivox Finanzvergleich GmbH | Foto: Verivox
Oliver Maier, Geschäftsführer der Verivox Finanzvergleich GmbH | Foto: Verivox
Ulrike Barth, DPA

Für immer mehr Sparer wird Tagesgeld bei größeren Summen zu einem Minusgeschäft. Allein zum Jahreswechsel haben nach einer Auswertung des Vergleichsportals Verivox 24 Banken und Sparkassen Negativzinsen ab bestimmten Summen eingeführt oder bestehende Regelungen verschärft.

Damit brummen inzwischen insgesamt 197 Institute Privatkunden Strafzinsen auf. "Die Negativzinswelle rollt mit unverminderter Wucht über das Land", analysierte Oliver Maier, Geschäftsführer der Verivox Finanzvergleich GmbH. Eine Trendwende ist nach seiner Einschätzung vorerst nicht in Sicht.

"Nach dem historischen Konjunktureinbruch im Zuge der Corona-Pandemie sind höhere Zinsen auf absehbare Zeit kein Thema", argumentierte Maier. "In den kommenden Wochen und Monaten dürften viele weitere Banken Negativzinsen einführen."



Geschäftsbanken müssen aktuell 0,5 Prozent Zinsen zahlen, wenn sie überschüssige Gelder bei der Europäischen Zentralbank (EZB) parken. Auch wenn es inzwischen Freibeträge für bestimmte Summen gibt, bleibt dies für die Branche eine Milliardenbelastung. Die Kosten geben immer mehr Geldhäuser ganz oder teilweise weiter und berechnen Kunden Negativzinsen.

Das Vergleichsportal wertet die im Internet veröffentlichten Preisaushänge von etwa 800 Banken und Sparkassen aus. Demnach haben 20 Institute zum Jahresbeginn Strafzinsen eingeführt. Drei weitere haben den Freibetrag gesenkt. Ein Institut hat die Negativzinsen tiefer ins Minus gedrückt.

Negativzinsen vor allem für Tagesgeldkonten

Den Angaben zufolge räumen insgesamt 58 Kreditinstitute ihren Kunden deutlich weniger als 100.000 Euro Freibetrag ein, davon verlangen neun Geldhäuser ab dem ersten Euro Strafzinsen. Teilweise können aber Freibeträge individuell vereinbart werden. Auch die drei - gemessen an der Kundenzahl - größten Online-Banken haben Negativzinsen eingeführt. Die Angaben beziehen sich auf Tagesgeldkonten. In einigen wenigen Fällen gilt der Negativzins fürs Girokonto.

"Inzwischen sind auch Bankkunden betroffen, die lange von Strafzinsen verschont geblieben waren", sagt Oliver Maier. "So hat die Negativzinswelle mittlerweile auch die großen Direktbanken erreicht. Mit der ING, N26 und der DKB haben die drei nach Kunden größten Onlinebanken Deutschlands zwischen Oktober und Dezember Negativzinsen eingeführt, einige kleinere nehmen schon länger Strafzinsen." Bei der ING und der DKB wird das Verwahrentgelt von 0,5 Prozent ab einem Freibetrag von 100.000 Euro fällig, Kunden von N26 zahlen schon ab 50.000 Euro Guthaben.

N26 führt Strafzinsen ein 

Verbraucherschützer: Verwahrentgelt muss explizit vereinbart werden

Verbraucherschützern zufolge sind Negativzinsen bei Bestands- und Neukunden nur zulässig, wenn das Verwahrentgelt explizit mit ihnen vereinbart wurde. Es reiche nicht, lediglich die Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) zu ändern.

Verivox weist darauf hin, dass nicht alle Banken ihren Preisaushang online veröffentlichen oder darin Negativzinsen ausweisen. Tatsächlich dürften daher mehr als 197 Banken ein Verwahrentgelt von Privatkunden verlangen. Zum Vergleich: Nach letzten Daten der Bundesbank gab es 2019 noch 1717 Kreditinstitute in Deutschland.

Banken im Zins-Dilemma

Für die Banken sind die Strafzinsen ein heikles Thema: Die Zinsmargen stehen unter Druck, gleichzeitig will man Kunden nicht vergrätzen.

Streit um Strafzinsen: Banken üben sich in Optimismus 

Die Frage könnte zudem ein Fall für die Gerichte werden: So kündigte die Verbraucherzentrale Sachsen an, gegen Verwahrentgelte bei Girokonten von Privatkunden der Sparkasse Vogtland klagen zu wollen. In der Folge nahm das Institut die gerade erst eingeführten Negativzinsen zunächst wieder zurück.

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