FDP-Politiker fordert Staatssekretärs-Entlassung wegen Wirecard

Oppositionspolitiker fordern Konsequenzen, nachdem bekannt wurde, dass die Geldwäschebehörde FIU bereits früh detaillierte Geldwäschemeldungen von der Commerzbank zum insolventen Bezahldienstleister Wirecard bekam. Nun sollen zwei Staatssekretäre  im Bundesfinanzministerium gehen.
Foto: picture alliance / SvenSimon
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dpa, Ulrike Barth

Der FDP-Finanzpolitiker Florian Toncar hat Finanzminister Olaf Scholz (SPD) aufgefordert, wegen des Wirecard-Skandals zwei seiner Staatssekretäre zu entlassen. Es gebe immer neue Beweise für Behördenversagen, jetzt auch bei der Geldwäschebehörde FIU, sagte Toncar der Deutschen Presse-Agentur. "Sie hat Anfang 2019 von der Commerzbank den perfekten Hinweis auf den Betrug erhalten und nichts weiter veranlasst." Allein dafür müsse der Vizekanzler bei der Behörde und im Ministerium drastische Konsequenzen ziehen.

Laut Recherchen des Bayerischen Rundfunks, der sich auf interne Unterlagen beruft, soll die Commerzbank die FIU bereits im Februar 2019 detaillierter über mögliche Unregelmäßigkeiten informiert haben. Demnach hat das Institut am 26. Februar 2019 eine umfangreiche Geldwäsche-Verdachtsmeldung mit einer Liste von 345 auffälligen Zahlungen, davon 343 auf Konten der Wirecard Bank an die Anti-Geldwäscheeinheit des Zolls geschickt.

Seit 2017 bekam die FIU Verdachtsmeldungen gegen Wirecard und seine Top-Manager, schritt jedoch kaum ein. Zwei Meldungen gab sie 2019 an das zuständige Landeskriminalamt Bayern weiter. Die Staatsanwaltschaft fand jedoch nach eigener Aussage keinen Anfangsverdacht für eine begangene Straftat.

Anti-Geldwäsche-Einheit des Zolls gab im Fall Wirecard nur wenige Hinweise weiter 

"Dass Scholz sich trotz der katastrophalen Fehler weigert, sich von den verantwortlichen Staatssekretären (Jörg) Kukies und (Rolf) Bösinger zu trennen spricht Bände", betonte Toncar. "Entweder ist der Minister führungsschwach oder er war selbst viel tiefer mit dem Fall Wirecard befasst, als er bisher zugegeben hat."

Auch der stellvertretende Vorsitzende der Linke-Fraktion, Fabio De Masi, sieht eine "erhebliche Verantwortung" der Anti-Geldwäschebehörde im Wirecard-Skandal. "Der Milliardenbetrug bei Wirecard hätte bereits 2019 aufgedeckt und KleinanlegerInnen und Kleinanleger besser geschützt werden können", sagte der Politiker. Die Commerzbank habe eine "idiotensichere Ausarbeitung über Geldwäscheverdachtsmeldungen bei Wirecard" 2019 an die FIU geliefert.

Toncar kritisierte, dass wichtige Informationen zur Rolle der FIU nur versteckt an den Untersuchungsausschuss des Bundestags weitergegeben worden seien. "In keinem einzigen schriftlichen oder mündlichen Bericht an den Bundestag wurde bisher erwähnt, was für schlagende Hinweise der FIU schon über ein Jahr vor der Wirecard-Insolvenz vorlagen."

Vielmehr sei der Eindruck erweckt worden, dass der Geldwäsche-Einheit vor der Wirecard-Pleite keine bedeutsamen Verdachtsmomente vorlagen. "Eine glatte und ungeheuerliche Täuschung, die überdeutlich zeigt, dass der Bundesfinanzminister und seine Staatssekretäre nicht aufklären, sondern sich persönlich in Sicherheit bringen wollen", kritisierte Toncar.

Der inzwischen insolvente Zahlungsdienstleister Wirecard hatte im Sommer 2020 eingeräumt, dass 1,9 Milliarden Euro aus der Bilanz nicht aufzufinden waren. Die Ermittler gehen davon aus, dass der ehemalige Dax-Konzern über Jahre seine Abschlüsse fälschte.

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