Sparverhalten der Deutschen klettert im dritten Quartal 2020 auf Rekordhoch

Die deutschen Privathaushalte haben in der Corona-Krise ein hohes Vermögen angespart. Für den Hauptgeschäftsführer des Bankenverbands BdB zeigt es das Versagen der Geldpolitik.
Zertifizierte FFP-Masken, Zehn-Euro-Scheine | Foto: picture alliance | MiS
Zertifizierte FFP-Masken, Zehn-Euro-Scheine | Foto: picture alliance | MiS
Dpa, Erhard Krasny, Leonie Weigner

Die Menschen in Deutschland legen in der Corona-Krise in Summe so viel Geld auf die hohe Kante gelegt wie nie zuvor.

Auf den Rekordwert von 6738 Mrd. Euro kletterte das Geldvermögen der privaten Haushalte im dritten Quartal 2020, wie die Deutsche Bundesbank in der Vorwoche mitteilte.

Das sind 108 Mrd. oder 1,6 Prozent mehr als im Vierteljahr zuvor. Privatanleger profitierten auch davon, dass sich die Aktienmärkte vergleichsweise rasch vom Corona-Crash im Februar und März erholten.

Für Christian Ossig, Hauptgeschäftsführer des Bundesverband deutscher Banken, zeigt das nur eins: "Die hohe Sparquote zeugt vom Scheitern der Geldpolitik. Die Negativzinspolitik der EZB verpufft einfach." Das sagte er im Jahresauftakt-Gespräch mit Pressevertretern.

Zahlen geben keine Auskunft über Vermögensformen

Die Entwicklung im Zeitraum Juli bis einschließlich September sei "erneut durch eine hohe Ersparnisbildung und die anhaltende Erholung am Kapitalmarkt geprägt", erklärte die Bundesbank. Die Bewertungsgewinne aus gestiegenen Kursen bezifferte die Notenbank auf 20 Mrd. Euro.

Wie das Vermögen in Form von Bargeld, Wertpapieren, Bankeinlagen sowie Ansprüchen gegenüber Versicherungen verteilt ist, geht aus den Daten nicht hervor. Immobilien, die seit Jahren teils kräftige Wertsteigerungen verzeichnen, berücksichtigt die Bundesbank in dieser Berechnung nicht.

Sparquote steigt

Aus Sorge vor Kurzarbeit oder Arbeitslosigkeit hielten viele Menschen ihr Geld zusammen, zudem bremsten die zeitweisen Schließungen im Einzelhandel und Reisebeschränkungen den Konsum. Nach Berechnungen des Statistischen Bundesamtes stieg die Sparquote im vergangenen Jahr auf das Rekordhoch von 16,3 Prozent. Von 100 Euro verfügbarem Einkommen legten die Haushalte somit im Schnitt gut 16 Euro auf die hohe Kante.

Die Zahlen decken sich mit Anfang Januar vorgelegten Prognosen der DZ Bank.

Geldvermögen der Deutschen steigt im Corona-Jahr auf neues Rekordhoch

Sparer setzten der Bundesbank zufolge auch im dritten Quartal vor allem auf Bargeld und Bankeinlagen, die zwar wegen der Zinsflaute kaum noch etwas abwerfen, auf die sie aber schnell zugreifen können. Das Volumen belief sich Ende des dritten Quartals auf rund 2735 Mrd. Euro. Das waren etwa 41 Mrd. Euro mehr als im zweiten Vierteljahr 2020.

Private Haushalte setzen verstärkt auf Kapitalmarktanlagen

Zugleich setzten die Bundesbürger verstärkt auf Aktien und Fonds. Das Engagement der privaten Haushalte auf dem Kapitalmarkt habe zuletzt "einen rasanten Aufschwung" erlebt, stellte die Bundesbank fest. Im dritten Vierteljahr kauften private Haushalte unter dem Strich Aktien sowie Anteile an Investmentfonds im Gesamtumfang von 20 Mrd. Euro. Das entspreche fast dem Dreifachen der durchschnittlichen Zukäufe der vergangenen zehn Jahre.

Holger Timm, CEO der Wertpapierhandelsbank Tradegate, bestätigte nach Vorlage der vorläufigen Zahlen für 2020 des Instituts das aufflammende Interesse auf breiter Front und begründet es im Gespräch mit FinanzBusiness wie folgt. "Ich glaube eher, dass der Effekt der Geldmengenentwicklung, Minuszinsen die Pandemie verstärkt haben. Es fehlen einfach die Anlagealternativen." Timm geht davon aus, dass der Trend sich im laufenden Jahr fortsetzt.

Tradegate hat in 2020 den Gewinn mehr als verfünffacht

Die Zahlen der Bundesbank zeigen das Marktpotenzial. Aktien und Fonds machen nach wie vor nur einen Bruchteil des gesamten Geldvermögens der Privathaushalte in Deutschland aus: Ende September steckten den Bundesbank-Zahlen zufolge rund 731 Mrd. in Aktien und sonstigen Anteilsrechten. Bei Investmentfonds waren es knapp 688 Mrd. Euro.

Nach wie vor deutlich beliebter sind Versicherungen und andere Altersvorsorgeprodukte. Ende September summierten sich deren Bestände auf fast 2442 Mrd. Euro, rund 19 Mrd. Euro mehr als im zweiten Vierteljahr 2020.

Wie schon in der Vergangenheit nutzen die Menschen die Niedrigzinsen, um sich günstig Geld zu leihen, insbesondere für Wohnungsbaukredite. Nach Abzug der Schulden, stieg das Geldvermögen um 80 Mrd. auf gut 4802 Mrd. Euro.

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