Die Farbwelten der Banken sind im Fluss

Ob Sparkassen-Rot, royales Blau oder verspielte Pastelltöne: Die visuellen Erscheinungsbilder deutscher Finanzinstitute sind ein wichtiges Marketing-Werkzeug, um Kunden zu gewinnen und zu halten. FinanzBusiness hat sich umgehört, worauf es bei einem guten Markenauftritt ankommt.
Hauck & Aufhäuser Signet | Foto: Hauck & Aufhäuser Privatbankiers
Hauck & Aufhäuser Signet | Foto: Hauck & Aufhäuser Privatbankiers
Carina Winter

Alles neu, alles anders – zumindest fast! Die Privatbank Hauck & Aufhäuser präsentierte im Juli 2019 ihren neuen, visuellen Auftritt. An der Grundfarbe Blau hielt die Bank fest, allerdings hat die Marke ihrer Farbpalette eine neue Akzentfarbe namens „Spring“ hinzugefügt.

Der helle Grünton soll kombiniert mit dem bekannten Blau einen frischen Wind bringen, heißt es seitens der Bank. Auch Schriftart und Logo hat das Institut überarbeitet und sogar ein neues visuelles Element erdacht, mit dem es seither wirbt.


Der Grund für den geänderten Auftritt: "Die Bank hat sich in den vergangenen Jahren weiterentwickelt", sagt Sandra Freimuth, Pressesprecherin bei Hauck & Aufhäuser im Gespräch mit FinanzBusiness.

Mit dem neuen Corporate Design wolle das Haus mit Sitz in der Bankenmetropole Frankfurt am Main seinen Facettenreichtum zeigen und interne Veränderungen auch extern sichtbar machen.

Starres Design aufgeweicht

Die Designwelt der Banken war lange Zeit sehr starr. Logos und Schriften wurden nur selten und wenn lediglich leicht abgeändert. Insbesondere die Farbwelten der Banken waren über Jahrzehnte recht einheitlich in Blau, Gelb, Grün und Rot gehalten.

Doch in der jüngsten Vergangenheit haben auffällig viele Banken ihren visuellen Markenauftritt überarbeitet. Mal änderte sich das Logo, wie bei der Deutschen Bank zu Beginn des vergangenen Jahres.
Deutsche Bank verändert vorübergehend ihr Logo
Mal passten Institute gleich den gesamten visuellen Auftritt an, wie bei Hauck & Aufhäuser. "Das ist sehr sinnvoll und wichtig", kommentiert Pit Stenkhoff, Inhaber der Design-Agentur Neue Gestaltung in Berlin, diese Entwicklung. Er hat unter anderem Kreditinstitute in Designfragen beraten. Er hebt hervor, wie wichtig ein moderner Markenauftritt gerade für die Finanzbranche ist.

"Banken müssen sich an die neuen, digitalen Herausforderungen anpassen", erklärt der Design-Experte. Dabei sei ganzheitliches Denken gefordert – und dazu gehöre auch ein zeitgemäßes Corporate Design.

Neue Plattformen, neue Anforderungen

Banken kommunizieren und werben längst nicht mehr nur über eigene Webseiten, Flyer oder Briefe, sondern vermehrt auch über soziale Medien und Apps. Der Markenauftritt sollte daher zu diesen Plattformen passen, sagen Experten.

Dass das dunkle Blau von Hauck & Aufhäuser so gut mit dem Linkedin-Blau harmoniert, ist somit kein Zufall. Das Business-Netzwerk zählt mittlerweile zu den wichtigsten Marketing-Instrumenten der Bank, die dort rund 5.000 sogenannte Follower verzeichnet. „Wir haben sehr stark an unsere Kommunikationskanäle und damit in praktischen Beispielen gedacht“, sagt Pressesprecherin Freimuth.

Das Design soll aber bewusst nicht nur für die Zielgruppe in sozialen Netzwerken gelten. Vielmehr hätten die Gestalter Raum für Entwicklungsmöglichkeiten gelassen, beispielsweise für neue Werbe-Kampagnen.

Standards festlegen, Individualität ermöglichen

Banken sollten darauf achten, dass die Unternehmensfarben nicht neben dem prägenden LinkedIn- oder Facebook-Blau untergehen, erklärt Design-Experte Stenkhoff. Sie sollten außerdem nicht nur an Logos und Schriftarten denken, sondern auch neue Ausdrucksformen wie App-Symbole, Töne und Sprache im Blick haben. Und sie sollten – bei allem Mut zur Veränderung – aufpassen, dass mit dem Relaunch der Wiedererkennungswert erhalten bleibt.

Traditionelle Geldhäuser wie die Deutsche Bank, Commerzbank, Sparkassen und Volksbanken Raiffeisenbanken haben ihr Corporate Design über Jahre hinweg sehr erfolgreich an ihre breite Zielgruppe angepasst – und ihre Farbwelten tief im kollektiven Gedächtnis der Deutschen verankert. "Das zu ändern wäre trotz der veränderten Marktbedingungen definitiv falsch", sagt Stenkhoff.

Wiedererkennungswert im Blick behalten

Der Wiedererkennungswert ist so hoch, dass die Sparkassen vor einigen Jahren sogar vor Gericht gezogen sind, um zu verhindern, dass andere Institute mit "dem Sparkassen-Rot" werben.

Die Farbe habe für die Bankengruppe eine lange Tradition, erklärt Thomas Rienecker, Pressesprecher des Deutschen Sparkassen- und Giroverbands (DSGV) im Gespräch mit FinanzBusiness.

Bereits im Jahr 1972 hatte der Gestalter Otl Aicher das Rot in der Druckfarbe HKS 13 als Hausfarbe der Sparkasse eingeführt. "Der Rotton sollte Dynamik und Jugendlichkeit vermitteln", sagt Rienecker. Ihren visuellen Auftritt haben die Sparkassen zuletzt im Jahr 2004 geändert, um "die Marke fit für die Darstellung in den digitalen Medien zu machen", sagt Rienecker. Angepasst hat die Gruppe damals das Sparkassen-S sowie die Marken-Schrift. Unverändert blieb das Rot.

Rebellion kommt gut an

Banken, die eine engere Zielkundschaft, ein kleineres Produktportfolio oder eine jüngere Vergangenheit haben, setzen in ihrem Auftritt dagegen oft auf Corporate Difference, also auf ein gewisses „Anderssein“.

Beispiel N26: Seit der Gründung 2013 wirbt das Institut damit, sich von der Konkurrenz abheben zu wollen – und lebt diesen Anspruch auch beim Design. Statt auf Signalfarben wie Rot oder Blau setzt N26 auf seiner Internetseite, in seinen Apps und in Werbe-Kampagnen auf verspielte Pastelltöne und Farb-Konstellationen wie Senf-Gelb und Blau-Türkis. „Farben, Logo und Schriftart hat das Design-Team aufwendig entwickelt, um die Werte der Bank zu reflektieren“, heißt es auf der Webseite. Dabei geht es der Neobank vor allem um Individualität.

„Für N26 ist es ein Einfaches, visuell neue Wege zu gehen“, erklärt Design-Experte Stenkhoff. Schließlich konnte die Bank vor gut zwei Jahren auf einer neuen, grünen Wiese starten – und hat nicht wie andere, langjährig am Markt bestehende Banken viele Jahre auf einen konservativen Auftritt gebaut, der zum Kern der Marke geworden ist. Für N26 ist das ein großer Vorteil: „Die Aufruhe in der Finanzbranche hat gezeigt, dass das gewollte Anderssein, die gefühlte Rebellion, gut funktioniert“, sagt Stenkhoff.

Mut zahlt sich aus

Die Quirin Privatbank, wie N26 in Berlin ansässig, hat 2016 einen Marken-Relaunch durchgeführt und dabei alle zentralen Elemente überarbeitet, wie den Claim, das Logo, die Schriftarten, die Farbwelten oder auch die nordische, kühle Bildsprache mit Gewässern oder Segelbooten. Ein Kraftakt, erinnert sich Karl Matthäus Schmidt. „Die größte Herausforderung ist sicher, alle Mitarbeiter mitzunehmen“, sagt der CEO und Gründer im Gespräch mit FinanzBusiness. „Es muss echte Identifikation entstehen, nur so kann ein solcher Relaunch erfolgreich sein.“

Dazu ist es nötig, das neue Design auf allen Kanälen zu spielen – von der Webseite bis zum Facebook-Account. Bankintern mussten die Mitarbeiter zum Beispiel alte Briefvorlagen löschen und neue Materialen für alle möglichst komplett und auf einfachem Wege zugänglich machen. „Alles in allem bedeutet das einen hohen zeitlichen und finanziellen Aufwand“, sagt Schmidt – betont aber, dass sich diese Mühe „doppelt und dreifach“ gelohnt habe. Sowohl Mitarbeiter als auch Kunden hätten die Veränderung positiv aufgenommen.

Wiedererkennungswert auf allen Kanälen

Auch Design-Experte Stenkhoff bestätigt: Ein umfänglicher Relaunch kann teuer und aufwendig sein – aber er lohnt sich. Vorausgesetzt, Banken sind sich bewusst, was der Kern ihrer Marke ist und schaffen es, diese Persönlichkeit im Design zu spiegeln. In der heutigen Welt vermarkten Unternehmen nicht nur Produkte, erklärt Stenkhoff. Sie verkaufen Marken – und dabei sei kaum etwas so wichtig, wie ein hoher Wiedererkennungswert auf allen Kanälen.

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