"FinCEN-Files" rücken erneut die schwache Geldwäsche-Aufsicht in den Fokus

Politiker fordern als Reaktion auf die Recherchen um Datenleck des US-Finanzministeriums eine stärkere Aufsicht und härtere Strafen.
Dollarscheine im Geldkoffer (Symbolfoto) | Foto: icture alliance / blickwinkel
Dollarscheine im Geldkoffer (Symbolfoto) | Foto: icture alliance / blickwinkel
DPA; Ulrike Barth

Nach den von einem internationalen Journalisten-Team aufgedeckten Defiziten im weltweiten Kampf gegen Geldwäsche werden Forderungen nach mehr Befugnissen für Aufsichtsbehörden und schärferen Strafen laut. SPD-Chef Norbert Walter-Borjans forderte am Montag in Berlin "endlich transparente Regeln und eine fühlbare Sanktionierung von Verstößen".

Deutschland nimmt im internationalen Kampf gegen Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung derzeit eine besondere Rolle ein, weil man für zwei Jahre die Präsidentschaft der Financial Action Task Force (FATF) übernommen hat. Dort arbeiten unter anderem insgesamt 37 Staaten sowie die EU-Kommission zusammen. Seit dem 1. Juli 2020 hat Marcus Pleyer, Ministerialdirigent beim Bundesfinanzministerium, den Posten des Präsidenten der FATF inne.

Lösung auf EU-Ebene gefordert

Die Grünen im Europaparlament sprachen von "Staatsversagen in großem Stil" und mahnten eine europäische Lösung an. Der CSU-Europaabgeordnete und Sprecher der EVP-Fraktion im Ausschuss für Wirtschaft und Währung des Europaparlaments, Markus Ferber, forderte auf europäischer Ebene "endlich einen Aufseher mit echten eigenen Durchgriffsrechten und einen Rechtsrahmen, der überall in der EU gleichermaßen angewendet wird." Andernfalls werde der Kampf gegen Geldwäsche ein Flickenteppich bleiben.

Die von dem Recherche-Netzwerk bekannt gemachten Informationen aus einem Datenleck des US-Finanzministeriums offenbaren, dass Banken aus aller Welt über Jahre hinweg Geschäfte mit hochriskanten Kunden abgewickelt haben. Die Institute hätten trotz strenger Regularien mutmaßliche Kriminelle als Kunden akzeptiert und für diese Überweisungen in Milliardenhöhe ausgeführt. Gemeldet wurden diese Vorgänge den Berichten zufolge mitunter zögerlich und teils mit jahrelanger Verspätung.

Walter-Borjans sagte den Zeitungen der Funke-Mediengruppe, die internationale Uneinigkeit spiele den gewissenlosen Akteuren in die Hände. Allerdings schöpfe Deutschland auch die nationalen Möglichkeiten nicht aus.

"Wir brauchen ein Unternehmensstrafrecht, das nicht nur einzelne Mitarbeiter, sondern Täter-Banken im Fall von Rechtsverletzungen als Ganzes zur Rechenschaft zieht - bis hin zum Lizenzentzug." Der SPD-Co-Chef warf CDU und CSU vor, Vorstöße der SPD zu blockieren, moralische Kategorien zur Richtschnur des Wirtschaftens und folglich justiziabel zu machen.

EU-Mitgliedstaaten setzen Vorschriften nur halbherzig um

Nach den Worten des CSU-Europapolitikers Ferber illustrieren die Enthüllungen "sehr anschaulich, wie anfällig das internationale Finanzsystem für Geldwäsche ist". Die Europäische Union sei da keine Ausnahme. "Geldwäscher und ihre Helfer machen sich zunutze, dass die Mitgliedstaaten die bestehenden Vorschriften nur halbherzig umsetzen, sich untereinander nicht koordinieren und es keine europäische Aufsicht mit echten Durchgriffsrechten gibt."

Auch Deutschland sei keine Insel der Glückseligen, sagte Ferber: Die vom Finanzministerium beaufsichtigte Anti-Geldwäschebehörde sei ein "Musterbeispiel dafür, was beim Kampf gegen Geldwäsche alles falsch läuft".

EU-Anhörung zum Datenleck

Laut dem wirtschafts- und finanzpolitischen Sprecher der Grünen-Fraktion im Europaparlament, Sven Giegold, wird seine Fraktion im neuen Steuer-Ausschuss des Europaparlaments eine Anhörung zu dem Datenleck auf den Weg bringen.

Die Globalisierung des Verbrechens benötige eine europäische Reaktion. Die gemeinsame Geldwäscheaufsicht mit einer europäischen Financial Intelligence Unit (FIU) müsse jetzt rasch kommen. Der Widerstand vieler Mitgliedstaaten gegen eine europäische FIU sei ein Skandal.

Auch in Deutschland müsse die große Zahl an Geldwäscheskandalen wirksame Konsequenzen haben. Die beim Zoll angesiedelte FIU müsse schlagkräftiger werden.

FIU ist kein Musterknabe

Die Financial Intelligence Unit (FIU) hatte erst kürzlich bekannt gegeben, sich strukturell stark verändern zu wollen, um ihren wachsenden Aufgaben besser gerecht werden zu können - zumal die Anzahl der Verdachtsfälle zuletzt auf ein Rekordhoch gestiegen war.

Geldwäsche-Meldestelle FIU organisiert sich neu und will mehr Mitarbeiter einstellen

Geldwäsche-Verdachtsfälle in Deutschland erreichen Rekordniveau 

Die Behörde hat Kritik auf sich gezogen, weil sie Verdachtsmeldungen auf Geldwäsche bei dem mittlerweile insolventen Bezahldienstleister Wirecard nur vereinzelt an die Strafverfolger weitergegeben haben soll. Kein ganz neuer Vorwurf: Schon ein Jahr zuvor hieß es in Medienberichten, bei der FIU würden sich Verdachtsmeldungen von Banken stauen.

Anti-Geldwäsche-Einheit des Zolls gab im Fall Wirecard nur wenige Hinweise weiter

Auch das verschärfte Unternehmenssanktionsrecht müsse zügig ohne weitere Verwässerungen beschlossen werden, forderte Giegold.

Banken hatten die Gesetzesinitiative zwar begrüßt, sorgen sich aber vor allem um hohe Kosten und Mehrarbeit, die damit einhergehen könnte.

Deutsche Kreditwirtschaft fürchtet Mehrarbeit durch Verschärfung des Geldwäsche-Tatbestands

Gerhard Schick von der Bürgerbewegung Finanzwende forderte für Deutschland eine einheitliche Aufsicht mit dem klaren Auftrag der Kriminalitätsbekämpfung. In Europa müssen aus Sicht des früheren Bundestags-Abgeordneten der Grünen das Korrespondenzbankenwesen beendet und eine Finanzpolizei geschaffen werden.

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