Das Versagen im Kampf gegen die Geldwäsche

Das mit den "FinCEN-Files" aufgedeckte Datenleck zeigt, dass der Geldwäsche offenbar nur schwer beizukommen ist. Kriminelle können milliardenschwere Bankgeschäfte abwickeln.
Bei diesem Verfahren ist Geldwäsche relativ leicht zu erkennen - die Realität sieht anders aus. | Foto: picture alliance/chromorange
Bei diesem Verfahren ist Geldwäsche relativ leicht zu erkennen - die Realität sieht anders aus. | Foto: picture alliance/chromorange
BERNHARD VETTER MIT DPA

Die Vorkehrungen gegen Geldwäsche wurden in den vergangenen Jahren immer weiter verschärft. Erst im Mai hat die EU-Kommission ein neues Konzept vorgelegt, um das Einschleusen krimineller Gelder in den legalen Wirtschaftskreislauf und die Terrorfinanzierung noch stärker zu bekämpfen.

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"Wir müssen dafür sorgen, dass schmutziges Geld unser Finanzsystem nicht infiltrieren kann. Heute stärken wir unsere Verteidigungslinie gegen Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung mit einem umfassenden und weitreichenden Aktionsplan", hatte EU-Vize-Kommissionspräsident Valdis Dombrovskis damals gesagt.

Dabei stöhnen Banker schon heute über zu viele Vorschriften, geraten sogar unbescholtene Rentner unter Geldwäscheverdacht. Doch es hilft anscheinend nichts: Kriminelle finden Wege, ihr Geld bei den Banken unterzubringen.

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Grüne: "Staatsversagen in großem Stil"

Der wirtschafts- und finanzpolitische Sprecher der Grünen-Fraktion im Europaparlament, Sven Giegold, spricht deshalb von "Staatsversagen in großem Stil". Die Grünen werden Giegold zufolge im neuen Steuer-Ausschuss des Europaparlaments eine Auswertung und eine Anhörung zu dem Datenleck auf den Weg bringen.

Verzögerte Verdachtsmeldungen

Die "FinCEN-Files" zeigen, dass die Maßnahmen zur Verhinderung von Geldwäsche nicht oder zumindest nicht genügend greifen. So berichtet die an der Auswertung beteiligte Süddeutsche Zeitung, dass zum Beispiel in den USA eine Verdachtsmeldung "unverzüglich", spätestens aber nach 30 Tagen bei den Behörden eingereicht werden muss. Im Durchschnitt seien es jedoch 166 Tage - und im Extremfall bei einer New Yorker Bank 6666 Tage - mehr als 18 Jahre.

Kritisiert wird in diesem Zusammenhang vor allem, dass mehrere Großbanken weiterhin Geschäfte mit verdächtigen Kunden machten, nachdem sie deswegen in Großbritannien oder den USA bereits bestraft worden waren. Genannt werden in diesem Zusammenhang JP Morgan, HSBC, Barclays, Wells Fargo, Bank of New York Mellon, Standard Chartered und Deutsche Bank.

Verdacht auch gegen die Deutsche Bank

Ein Teil der Vorfälle fiel offenbar in eine Zeit, in der der heutige Deutsche-Bank-Chef Christian Sewing die Konzernrevision verantwortete. Konkret geht es um Geschäfte in Russland. Während Sewings Abteilung damals nichts Gravierendes finden konnte, ergab eine spätere externe Prüfung "schwerwiegende Mängel", heißt es in der ARD Tagesschau am Sonntagabend.

Deutsche-Bank-Sprecher Jörg Eigendorf sagte dazu in der Nachrichtensendung: "Er [Sewing] hat eine Einheit geschaffen, die diese ganze Untersuchung damals auch geleitet hat. Es wurde unabhängig extern untersucht. Und zu keinem Zeitpunkt gab es einen Anlass, davon auszugehen, dass man eine Verantwortung bis zum Leiter der Konzernrevision herleiten müsste."

Geldwäsche-Experte fordert härtere Strafen

Der britische Geldwäsche-Experte Graham Barrow sagte der Süddeutschen in einem Interview: "Es gibt risikoscheue Banken - und es gibt die Deutsche Bank. Sie ist immer und immer wieder in große Geldwäschefälle verwickelt, und die Geschäftsinteressen werden offensichtlich immer noch höher gewichtet als ethische, moralische und rechtliche Erwägungen."

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Angesichts von Milliarden an Transaktionen sei es aber auch schwierig, die Herkunft eines Überweisungsbetrags nachzuverfolgen, räumte Barrow ein und sagte: "Wir dürfen nicht nur über Banken reden. Da sind die Anwälte und Wirtschaftsprüfer, da sind die Dienstleister, die Firmen am Fließband einrichten. Sie alle sollten zur Rechenschaft gezogen werden für das, was sie ermöglichen. Und weil Geldwäscher immer diesen internationalen Ansatz haben, kann man ihnen auch nur mit globalen Anstrengungen begegnen."

Barrow forderte härtere Strafen: "Für den Anfang würde es schon reichen, wenn alle Beteiligten die Regeln befolgen würden - und bei Verstößen persönlich dafür haften müssten. Das ist natürlich eine große Vision. Es müssten mehr Banker ins Gefängnis gehen, bis die großen Banken den Schuss hören."

Die "FinCEN-Files" sind nach dem Financial Crimes Enforcement Network (FinCEN) benannt, einer Behörde, die dem US-Finanzministerium untersteht. Dorthin müssen Banken mit Sitz oder einer Niederlassung in den USA verdächtige Überweisungen melden. Rund 300 Behördenmitarbeiter überprüfen das dann. Das deutsche Pendant dazu ist die beim Zoll angesiedelte Financial Intelligence Unit (FIU).

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