Teil-Lockdown belastet Konjunkturerwartungen des ZEW

Die zweite Corona-Welle trübt die Konjunkturerwartungen deutscher Finanzexperten ein. Die Chefsvolkswirte der Banken sehen eine neue Rezession kommen - erkennen aber auch "Lichtblicke".
Die Münchner Innenstadt im Teil-Lockdown | Foto: picture alliance/ZUMA Press
Die Münchner Innenstadt im Teil-Lockdown | Foto: picture alliance/ZUMA Press
DPA, Ulrike Barth

Die Konjunkturerwartungen deutscher Finanzexperten haben sich im November vor dem Hintergrund einer zweiten Infektionswelle in der Corona-Pandemie erneut deutlich eingetrübt.

Wie das Mannheimer Leibniz-Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) am Dienstag mitteilte, fiel der von ihm erhobene Indikator für Deutschland um 17,1 Punkte auf 39,0 Zähler. Analysten hatten mit einem Rückgang gerechnet, aber im Schnitt nur auf 44,3 Punkte.

Der Indikator liegt damit zwar weiter im positiven Bereich, allerdings ist nach dem zweiten Rückgang in Folge die Euphorie der Sommermonate verflogen. Im dritten Quartal hatte die deutsche Wirtschaft zu einer starken Erholung nach dem Corona-Einbruch im Frühjahr angesetzt.

ZEW-Konjunkturerwartungen steigen überraschend stark 

Auch die Konjunkturerwartungen für die Eurozone sind laut der ZEW-Umfrage im November deutlich gesunken.

Erholung wird langsamer

Die Befragten sorgten sich um die wirtschaftlichen Auswirkungen der zweiten Covid-19-Welle, sagte ZEW-Präsident Achim Wambach. Seiner Einschätzung nach deuten die Daten "auf eine deutliche Verlangsamung des wirtschaftlichen Erholungsprozesses in Deutschland hin".

Auch die Beurteilung der aktuellen Lage hat sich im November verschlechtert. Der entsprechende Indikator fiel um 4,8 Punkte auf minus 64,3 Punkte. Hier war ein Rückgang auf minus 63,5 Punkte erwartet worden.

An der ZEW-Umfrage haben sich in der Zeit vom 2. bis 9. November 183 Analysten und institutionelle Anleger beteiligt.

Ökonomen bleiben vorsichtig positiv gestimmt

Trotz des November-Dämpfers bei den Konjunkturerwartungen rechnen einige Ökonomen nicht mit einem Ende der konjunkturellen Erholung in Deutschland. Im vierten Quartal werde das Wirtschaftswachstum wegen der aktuellen Corona-Beschränkungen zwar gedämpft, sagte Experte Ralf Umlauf von der Landesbank Hessen-Thüringen (Helaba). "Die mittelfristige Perspektive für die deutsche Wirtschaft heißt aber Wachstum", sagte Umlauf.

Michael Holstein, Leiter Volkswirtschaft der DZ Bank, hält eine erneute Rezession für wahrscheinlich. "Allerdings dürfte der gesamtwirtschaftliche Schaden durch die neuen Einschränkungen wesentlich weniger dramatisch ausfallen als noch im Frühjahr", so Holstein. "Außerdem hat die Hoffnung auf eine durchgreifende Erholung im Jahresverlauf 2021 durch die gestrige Meldung zur Impfstoffentwicklung neue Nahrung bekommen."

Gesamtwirtschaftliches Umfeld bleibt schwierig

Die Entwicklung bestätigt das bei den meisten Konjunkturbeobachtern ohnehin herrschende Szenario einer kräftigen Erholung im Jahr 2021. Kurzfristig ändert sich dadurch allerdings am schwierigen gesamtwirtschaftlichen Umfeld nichts.

Deutlich pessimistischer zeigte sich hingegen Thomas Gitzel, Chefvolkswirt der VP-Bank. "Die ZEW-Konjunkturerwartungen lassen für die kommenden Monate wenig Gutes erwarten", kommentierte Gitzel die Daten. Seiner Einschätzung nach wird das deutsche Bruttoinlandsprodukt im vierten Quartal einen erneuten Rücksetzer hinnehmen müssen.

"Vor allem die Dienstleistungsbranche, allen voran das Hotel- und Gaststättengewerbe, kommt unter die Räder", so Gitzel angesichts der Teil-Lockdowns. "Auch dem so wichtigen Weihnachtsgeschäft im Einzelhandel droht Schaden. Das hört sich nicht gut an, ist es auch nicht."

Der Ökonom rechnet mit schwierigen Wintermonaten. Gleichwohl wertet er zwei aktuelle Ereignisse als "Lichtblicke": den Wahlsieg von Joe Biden bei den US-Präsidentschaftswahlen und auf die Aussicht auf einen wirksamen Corona-Impfstoff.

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