EU-Richtlinien können E-Geld-Institute in Organisationsnot bringen

Im Finanz-Business-Interview spricht Monika Moser-Bärlehner, Senior Manager beim Software- und Beratungshaus PPI über eine Nische in der Finanzbranche.
Monika Moser-Bärlehner, Senior Manager beim Software- und Beratungshaus PPI. | Foto: PPI
Monika Moser-Bärlehner, Senior Manager beim Software- und Beratungshaus PPI. | Foto: PPI

Ein Kundenkonto aufladen, damit bezahlen oder anonym einen Gutschein kaufen und verschenken. Hier kommen die sogenannten E-Geld-Institute ins Spiel. Die neue europäische Verordnung zur verpflichtenden Echtzeitüberweisung wird auch einige von ihnen betreffen, berichtet Monika Moser-Bärlehner, Senior Managerin beim Software- und Beratungshaus PPI.

Frau Moser-Bärlehner, Was genau sind E-Geld-Institute?

Moser-Bärlehner: ”Als E-Geld bezeichnet man im juristischen Sinne jeden elektronisch gespeicherten monetären Wert, der von Rechtssubjekt A ausgegeben und von Rechtssubjekt B akzeptiert und abgerechnet wird. Unternehmen, die das E-Geld-Geschäft betreiben möchten, müssen als E-Geld-Institut reguliert werden.”

Wie wichtig ist es denn, diesen Bereich zu regulieren?

”Hier handelt es sich um eine Nische. In Deutschland gibt es zehn von der BaFin zugelassene und beaufsichtigte E-Geld-Institute. Und obwohl europaweit 4700 Banken 5800 E-Geld- und Zahlungsinstituten gegenüberstehen, ist der Anteil am Zahlungsverkehr so gering, dass die Institute keine Gefahr für die Stabilität des Finanzmarktes darstellen. Sie können den Markt nicht in Schieflage bringen.”

Welchen Grund hat es, dass so wenig E-Geld-Institute in Deutschland vertreten sind?

”Das kann regulatorische Ursachen haben. So war es in Litauen schon länger möglich, dass E-Geld-Institute Zugang zu Infrastruktur und Systemen der Zentralbank bekamen. Bei uns kommt das erst, wenn jetzt die neuen europäischen Verordnungen zur verpflichtenden Echtzeitüberweisung in Kraft treten, die auch auf E-Geld- und Zahlungsinstitute anwendbar sind.”

Können Sie ein bekanntes E-Geld-Institut in Deutschland nennen?

”Unter den zehn in Deutschland ansässigen Instituten sind zum Beispiel VR Payment, First Data und Payone. In der breiten Öffentlichkeit am bekanntesten dürfte Zalando beziehungsweise deren Tochter die Zalando Payments GmbH sein, die alle Zahlungsvorgänge und die E-Geld-Verwaltung für die Mutter ausübt.” 

Was sind denn klassische Anwendungsbereiche für E-Geld-Institute?

”Onlinemarktplätze zum Beispiel. Wenn man bei Amazon sein Kundenkonto auflädt, ist das E-Geld. Denn damit kann man ja auch bei den anderen Händlern auf dem Amazon-Marktplatz einkaufen. Solche Plattformen werden auch in Deutschland immer beliebter. Die Plattform-Betreiber wagen auch zunehmend den Schritt, sich selbst regulieren zu lassen, um die Zahlungsdienste zugunsten des eigenen Geschäftsmodells selbst erbringen zu können.”

Warum bekommt diese Nische jetzt Aufmerksamkeit in der Branche?

”Diese Institute standen lange im Windschatten der Banken. Jetzt, durch die neue Instant-Payments-Verordnung, rücken sie in den Anwendungsbereich der Regulierung. Über 800 der E-Geld- und Zahlungsinstitute in Europa müssen ab Inkrafttreten des Gesetzes Echtzeitüberweisungen anbieten, da sie bislang bereits reguläre Überweisungen angeboten haben.”

Welche Herausforderungen bringt das mit sich?

”Viele haben die Infrastruktur dafür noch nicht etabliert und auch nicht die finanziellen und personellen Mittel, wie es bei großen Banken der Fall ist. Jetzt eigene Lösungen zu entwickeln könnte zu teuer sein. Hier werden wahrscheinlich viele Institute auf sogenannte as-a-Service-Modelle zurückgreifen – man mietet sich hierbei sozusagen in die bestehende technische Infrastruktur eines Dienstleisters ein und bindet diesen über eine Schnittstelle an die eigenen Systeme an. Dies kann eine Chance für Fintechs sein, die ja den Ruf haben, entsprechende IT-Lösungen agil und innovationskräftig zu entwickeln.”

Also ähnliche Hürden, wie für kleine Banken?

”Ja, wobei bei Banken noch das Liquiditätsproblem bei Echtzeitüberweisungen dazukommt. Das dürfte bei E-Geld-Instituten anders sein, da das Geld ja eingezahlt wurde von den Kunden und in der Regel bis Einlösung schlummert.”

Es kommt ja immer wieder das Thema auf, die Anonymität bei E-Geld abzuschaffen. Wie ist denn da jetzt der Stand der Dinge?

”Aktuell müssen ab einem Ausgabewert von 100 Euro die Personendaten erfasst werden. Früher lag diese Grenze noch höher. Es gab einige beladbare Kreditkarten, zum Beispiel die Paysafecard, im Supermarkt zu kaufen. Die konnte man auch jenseits der 100 Euro anonym aufladen und damit im Internet oder im stationären Geschäft einkaufen Dies ist heute nicht mehr unbegrenzt möglich, denn es gibt regionale Grenzen und Betragsgrenzen.”

Jetzt teilen

Zum Newsletter anmelden

Bleiben Sie mit unserem Newsletter immer auf dem aktuellen Stand der Entwicklungen Ihrer Branche.

Newsletter-Bedingungen

Die jüngsten FinanzBusiness-Artikel

Lesen Sie auch