Verdi-Streik beeindruckt die Commerzbank nicht

Die Commerzbank sieht keinen Anlass, in Tarifgespräche für ihre Service-Töchter einzusteigen - sie trifft lieber ”flexible” Vereinbarungen mit den örtlichen Betriebsräten. Eine Ansage, die Verdi-Mann Stefan Wittmann nicht schmeckt: Er hatte zu Streiks aufgerufen. Die sollen nur der Anfang sein.
Verdi-Streik im Jahr 2019 | Foto: picture alliance/dpa | Christophe Gateau
Verdi-Streik im Jahr 2019 | Foto: picture alliance/dpa | Christophe Gateau

Für Stefan Wittmann, bei der Gewerkschaft Verdi Konzernbetreuer für die Commerzbank, ist es fünf vor zwölf: ”Wir haben keine Zeit zu verlieren. In den nächsten Wochen trudeln die Nebenkostenabrechnungen ein – die Inflation ist für unsere Kolleginnen und Kollegen deutlich spürbar”, begründet der Gewerkschaftler die aktuellen Streiks bei der ComTS, der Service-Tochter der Commerzbank.

Es geht um den Maschinenraum der Bank: Die ComTS-Gesellschaften, gegründet im Jahre 2007. Hier werden Aufgaben im Bereich Compliance, Kreditbearbeitung und für die internen Postläufe abgearbeitet.

Knapp zehn Prozent der rund 1700 Mitarbeiter verdient laut Verdi gerade einmal knapp über dem gesetzlichen Mindestlohn. ”Aber auch andere Arbeitsbedingungen reizen den gesetzlichen Rahmen zu Lasten der Beschäftigten aus – beispielsweise Arbeitszeitmodelle auf Abruf”, kritisiert Gewerkschaftler Wittmann.

Zwei Tage Streik - online und ”in echt”

Mit einem zweitägigen Streik will die Gewerkschaft das Institut nun zumindest zur Aufnahme von Tarifgesprächen erzwingen - die bislang vehement abgelehnt werden. Für Wittmann ein ”Schlag ins Gesicht der Beschäftigten“. Die Commerzbank müsse nun entscheiden, ob sie ihre Beschäftigten ”im kalten Regen stehen lassen will oder zur Vernunft zurückkehrt und mit uns über einen Tarifvertrag verhandelt.“

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Die Neigung dazu ist auf Bankseite nicht groß. Denn aus Sicht der Commerzbank fährt man dort gut damit, Bezahlung und weitere Bedingungen mit den örtlichen Betriebsräten zu verhandeln.

Die Arbeitsbedingungen in den eigenständigen Töchtern des Commerzbank-Konzerns seien gut, betont die Bank, - und ”flexibel auf die Situation und Bedürfnisse dieser Gesellschaften vor Ort ausgerichtet”– auch wenn dort Mindestarbeitsbedingungen nicht durch einen Tarifvertrag geregelt seien. ”Wir sind davon überzeugt, dass wir die Arbeitsbedingungen in unseren ComTS-Gesellschaften am effektivsten mit unseren Betriebsräten vor Ort abstimmen können und so unmittelbar auf betrieblicher Ebene gute Lösungen finden. Dadurch können wir die Arbeitsbedingungen flexibel auf die Besonderheiten und die Bedürfnisse der ComTS-Gesellschaften vor Ort ausrichten”, sagt eine Sprecherin auf Nachfrage von FinanzBusiness.

Zuletzt seien unter anderem der Urlaubsanspruch erhöht sowie ein jährliches Urlaubs- und Weihnachtsgeld gewährt worden, gemeinsam mit den örtlichen Betriebsräten wurde ein transparentes Gehaltssystem für die Commerzbank-Töchter verhandelt und Ende 2020 eingeführt. ”Zudem überprüft der Arbeitgeber regelmäßig die Vergütungshöhe”, sagt die Sprecherin. So wurden in den vergangenen drei Jahren regelmäßig Gehaltsanpassungen vorgenommen, die mit den Anhebungen im privaten Bankgewerbe mindestens vergleichbar seien.

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Doch das reicht der Gewerkschaft auch angesichts der hohen Inflation nicht. Sie pocht unter anderem auf einen Mindeststundenlohn von 14 Euro, regelmäßige und transparente Gehaltserhöhungen, ein 13. Monatsgehalt, die Abschaffung von Abruf-Arbeitsverträgen sowie ein Energiegeld von zwei Mal 1500 Euro für die Jahre 2022 und 2023. Am Dienstag wird dafür zunächst digital gestreikt, Kundgebungen ”vor Ort“ sollen kurzfristig folgen - und sich steigern, wenn es nicht zu Verhandlungen kommt.

Gewerkschaftler Wittmann rechnete im Vorfeld mit Auswirkungen auf das Tagesgeschäft der Commerzbank - die Bank selbst winkt da am Dienstagnachmittag ab - wesentliche Beeinträchtigungen des Betriebs gebe es nicht. ”Die Streikbeteiligung war aus Sicht der Bank überschaubar”, sagt eine Sprecherin.

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