Die ING Deutschland hat schneller als andere Institute auf die Zinswende reagiert. Noch bevor die EZB im Juli ihre Entscheidung überhaupt verkündet hatte, erklärte die Direktbank Verwahrentgelte zum Auslaufmodell. Und unmittelbar danach hieß es dann: Man zahle Kunden auf ihr Erspartes wieder Zinsen – bis zu 1,5 Prozent.
ING Deutschland zahlt ihren Privatkunden wieder höhere Zinsen
Das Zeitalter der Negativzinsen geht zu Ende
Ob das Institut bei diesem Tempo bleibt? Heute am Nachmittag wird die Entscheidung der EZB erwartet - ohne dass Nick Jue, CEO der ING Deutschland, hier diesmal vorgreift. Beim Bankengipfel des ”Handelsblatts“ wollte er keine Details nennen, betonte aber: Natürlich werde man die Zinsanpassung an die Kunden weitergeben. ”Die Frage ist nur, wie schnell geht es hoch.”
Jue war allerdings auch gar nicht gekommen, um etwas zur Zinswende zu sagen. Bei der Podiumsrunde gemeinsam mit der Schufa-Chefin Tanja Birkholz und Raisin-CEO Tamaz Georgadze sollte es vielmehr darum gehen, die – so der Titel – "Auswirkungen der Zeitenwende auf Geschäftsmodelle" zu beschreiben, insbesondere im Retailbanking.
Ziehen Kunden ihre Ersparnisse ab?
Ziehen Kunden ihre Ersparnisse ab, weil sie angesichts der Preissteigerungen gar nicht anders können – als ihre Rücklagen sukzessive aufzubrauchen? Entsteht ein besonderer Run auf Kredite? Oder wird weiter gespart? Jue, Birkholz und Georgadze spielten sich in der Debatte die Bälle zu.
Birkholz sagte, vielen falle es zunehmend schwer, ihren Lebensunterhalt aus den monatlichen Einnahmen zu finanzieren. ”Da braut sich was zusammen” – die Schufa beobachte, dass die Zahl der Kreditverträge steige, die Nachfrage nach Krediten tatsächlich sogar noch deutlich höher liege. Sprich: Die Banken bei der Kreditvergabe ihre Zügel anziehen.
Ratenkredite sieht Birkholz klar im Trend - mit dem Risiko, dass die Verschuldung steigt, und das vor allem bei den jüngeren Kundengruppen. 44 Prozent in der Altersgruppe bis 25 Jahre hätten bereits Buy-now-pay-later-Angebote genutzt, so Birkholz. Sie appellierte an Banken, insbesondere die unteren Einkommensschichten im Blick zu halten und verstärkt in Finanzbildung zu investieren.
Dass die Zahl der Kreditanfragen und damit potenziell das Verschuldungsrisiko steigt, bestätigte Jue. Er widersprach allerdings der Vermutung, Kunden würden ihr Gespartes reduzieren: ”Wir sehen nicht, dass die Einlagen runtergehen.“
Ähnlich argumentierte Tamaz Georgadze, der jedoch auch Kritik mitbrachte. Deutschland bleibe weiterhin und trotz hochvolatiler Lage ein Land der Sparer, so der Raisin-CEO. Er zeigte sich überzeugt, dass das Gros der deutschen Banken auch im nächsten Jahr noch gut dasteht. Was er kritisierte: Deutsche Banken würden zu langsam liefern - im europäischen Vergleich seien die Zinsen auf Einlagen in Deutschland noch zu niedrig.