EZB-Vertreter rechnen für 2022 nur mit kurzfristigen Preisschocks

Während EZB-Chefvolkswirt Philip Lane die Inflation im Euroraum mittelfristig beim Zielwert sieht, spricht EZB-Vize Luis de Guindos von kurzfristig weiter rasant steigenden Preise und sieht gar eine mögliche Konjunkturflaute.
EZB-Sitz in Frankfurt. | Foto: picture alliance / Sven Simon | Frank Hoermann/SVEN SIMON
EZB-Sitz in Frankfurt. | Foto: picture alliance / Sven Simon | Frank Hoermann/SVEN SIMON
reuters, Daniel Rohrig

Trotz einer Rekord-Preissteigerungsrate im Euroraum rechnet EZB-Chefökonom Philip Lane weiter mittelfristig mit dem Erreichen des Inflationsziels der Europäischen Zentralbank (EZB). Gestützt von einer angemessen austarierten Geldpolitik werde die Inflation sich auf mittlere Sicht wohl um den Zielwert von 2,0 Prozent stabilisieren, sagte er. Zugleich erscheine es plausibel, dass die Zeiten relativ niedriger Inflation nicht zurückkehrten, wie sie vor Ausbruch der Corona-Pandemie herrschten.

Die russische Invasion habe nun der globalen geopolitischen und wirtschaftlichen Ordnung einen ”tektonischen Schock” verpasst, sagte der Ire und fügte an: ”Wir werden alles, was nötig ist tun, um das Mandat der EZB zu erfüllen, für stabile Preise zu sorgen und Finanzstabilität zu sichern.” Die Währungshüter würden für reibungslose Liquiditätsbedingungen sorgen.

EZB-Vize Luis de Guindos rechnet indes auf kurze Sicht weiter mit rasant steigenden Preisen und einer Konjunkturflaute. Er sagte auf einer Veranstaltung der Universität Amsterdam, er rechne erst nach einer Reihe von Monaten mit dem Höhepunkt der Inflationswelle. In der zweiten Jahreshälfte werde sie dann aber voraussichtlich abflachen. Die am Freitag anstehenden Verbraucherpreisdaten für März würden höher als im Februar ausfallen. ”Im März werden wir die Auswirkungen des Krieges spüren”, warnte er mit Blick auf die im Sog des Ukraine-Kriegs stark gestiegenen Energie- und Rohstoffpreise hinzu.

Mit Blick auf die Konjunktur rechnet der Spanier zwar nicht damit, dass die Eurozone kurzfristig in eine Rezession rutscht. Für das erste Quartal sei nach seinem Eindruck allerdings nur ein geringes Wachstum zu erwarten und für das zweite Quartal ein Wert nahe null. Auf die Frage, ob eine Stagflation drohe - also eine vor sich hin dümpelnde Wirtschaft bei gleichzeitig hoher Inflation, antwortete der Spanier: ”Ich glaube nicht, dass wir 2022 ein negatives Wachstum haben werden.”

Die EZB sieht sich mit einer stark steigenden Inflation konfrontiert. Binnen Jahresfrist stiegen die Verbraucherpreise im Februar um 5,9 Prozent. Für die am Freitag anstehenden Inflationsdaten für März, die bereits die Folgen des erneuten Energiepreis-Schubs durch den Ukraine-Krieg abbilden dürften, erwarten Experten einen neuen Rekordwert von 6,6 Prozent.

Kritik am EZB-Kurs wächst

Der geldpolitische Null- und Minuszinskurs der EZB steht mittlerweile immer deutlicher in der Kritik. Zuletzt hatte der ehemalige Bundesbank-Chef Axel Weber das Zögern der europäischen Zentralbanker kritisiert. Auch der Bankenverband äußerte sich kritisch.

Ex-Bundesbank-Präsident Axel Weber kritisiert Europäische Zentralbank

Bankenverband fordert Abschaffung der Negativzinsen noch dieses Jahr

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