US-Kreditkartenfirmen ziehen sich aus Russland zurück

Am Wochenende kündigten Mastercard, Visa und kurz darauf auch American Express diesen Schritt an. Eine kleine Frankfurter Bank will der Ukraine indes trotz des Krieges nicht den Rücken kehren.
Die Logos von Visa und Mastercard an einem Geldautomaten der russischen Sberbank. | Foto: picture alliance/dpa | Igor Russak
Die Logos von Visa und Mastercard an einem Geldautomaten der russischen Sberbank. | Foto: picture alliance/dpa | Igor Russak
Archibald Preuschat, Daniel Rohrig, dpa

Die russische Bevölkerung bekommt den Krieg ihrer Regierung gegen die Ukraine immer deutlicher zu spüren. Am Wochenende kündigten zunächst die US-Kreditkartenfirmen Mastercard und Visa und wenig später auch American Express ihren Rückzug aus Russland an.

In der Praxis heißt dies, Kreditkarten der drei Firmen, die von russischen Banken ausgegeben wurden, können nur noch in Russland selber genutzt werden - und das auch nur bis zum Ende des Gültigkeitszeitraums. Eine sonst übliche automatische Verlängerung der Karten erfolgt nicht. Grenzüberschreitende Transaktionen sind nicht mehr möglich.

Kreditkarten der drei Anbieter, die von nicht-russischen Banken ausgegeben wurden, etwa in Deutschland, können derweil in Russland nicht mehr genutzt werden.

Visa-Chef Al Kelly sagte laut einer Mitteilung, man bedauere die Auswirkungen, die die Maßnahme auf Mitarbeiter sowie Kunden, Partner, Händler und Karteninhaber in Russland haben werde. "Dieser Krieg und die anhaltende Bedrohung des Friedens und der Stabilität erfordern, dass wir darauf im Einklang mit unseren Werten antworten."

Mastercard teilte mit, man habe sich die Entscheidung nicht leicht gemacht. "Mastercard ist seit mehr als 25 Jahren in Russland tätig." Den fast 200 Mitarbeitern werde der Lohn weitergezahlt. Wenn es "angemessen und rechtlich zulässig" sei, wolle man den Betrieb wieder aufnehmen.

"Angesichts des anhaltenden, ungerechtfertigten Angriffs Russlands auf das ukrainische Volk stellt American Express alle Aktivitäten in Russland ein", teilte das Unternehmen in New York mit. Die Maßnahme gelte auch für Belarus.

American Express teilte mit, man werde Mitarbeiter und Kunden in Russland und Belarus nach Möglichkeit weiter unterstützen.

Visa, Mastercard und American Express hatten bereits zuvor keine Transaktionen mehr für russische Banken abgewickelt, die von internationalen Sanktionen wegen des Kriegs in der Ukraine betroffen sind. Das "Wall Street Journal" berichtete kürzlich, im Jahr 2020 seien von den in Russland ausgegebenen Debit- und Kreditkarten rund 74 Prozent der Zahlungsvorgänge im Land auf Visa- und Mastercard-Karten entfallen.

Procredit bleibt in der Ukraine

Die in Frankfurt ansässige Procredit Bank möchte indes trotz des Krieges ihre Geschäfte in der Ukraine fortsetzen. Das sagte Christian Dagrosa, Bankmanager der deutschen Muttergesellschaft Procredit Holding, in einem Interview mit der "Börsen Zeitung". Derzeit liefen lediglich rudimentäre Bankgeschäfte wie Zahlungsüberweisungen und die Befüllung von Geldautomaten.

Für Bargeldauszahlungen sei allerdings derzeit eine Obergrenze definiert, der Handel mit Fremdwährung ist aktuell nicht möglich, Kredite können indes kaum vergeben werden. Die ukrainische Zentralbank allerdings unterstütze Banken mit Liquidität. Einige Unternehmen nutzen für den laufenden Betrieb ihre Kreditlinien, heißt es in dem Bericht.

"Wir wollen den Bankbetrieb von E-Banking und Geldausgabeautomaten so normal wie möglich gestalten und sind dabei in engem Austausch mit der ukrainischen Zentralbank" , sagt Dagrosa dem Blatt. Er ist im Management der Holding für Controlling, Berichtswesen und Investor Relations verantwortlich.

Die Procredit Bank hat per Ende September 2021 insgesamt Kredite von 5,8 Mrd. Euro ausgereicht, von Bosnien-Herzegowina und Serbien über Rumänien und Bulgarien bis in die Ukraine und Georgien, neben anderen Ländern der Region. Auf die Ukraine entfallen demnach 755 Mio. Euro. In Russland ist Procredit nicht aktiv.

Procredit beschäftigt in der Ukraine 400 Mitarbeiter, einschließlich der gruppeneigenen IT-Firma Quipu. Denjenigen, die das Land verlassen wollen, unterstützt das Frankfurter Institut. So stelle es auch Unterkünfte in ihren Bankenakademien, in Mazedonien und im deutschen Odenwald oder in einem Trainingszentrum in Serbien bereit.

"Wir wollen in der Ukraine bleiben", zitiert die "Börsen-Zeitung" Dagrosa. Der Deutsch-Italiener schränkt aber ein: "Solange es einen freien ukrainischen Staat gibt."

Finanzierung landwirtschaftlicher Betriebe in der Ukraine

Die Bank, die Kredite an kleine und mittlere Unternehmen vergibt, finanziert in der Ukraine vor allem landwirtschaftliche Betriebe, also einen Wirtschaftszweig jenseits der umkämpften Städte, der auch in Kriegszeiten fortbesteht, wie Dagrosa der "Börsen-Zeitung" sagt.

Das Eigenkapital der Procredit Holding lag zuletzt bei 856 Mio. Euro, also nur geringfügig über dem Kreditbestand in der Ukraine. Eine Kapitalerhöhung plane die Gruppe nach eigener Auskunft aktuell allerdings nicht, heißt es in dem Bericht.

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