Banken sehen viele offene Fragen bei der Offenlegungsverordnung

Heute tritt mit der Offenlegungsverordnung der erste Schritt zur geplanten Nachhaltigkeitsregulierung der EU in Kraft. Auf Nachfrage von FinanzBusiness zeigen sich die Banken gut vorbereitet - kritisieren aber auch, dass wichtige Fragen noch ungeklärt sind.
Schild mit "Green New deal" (Symbolbild) | Foto: colourbox.com
Schild mit "Green New deal" (Symbolbild) | Foto: colourbox.com

Am heutigen Mittwoch tritt die Offenlegungsverordnung in Kraft. Ihr Ziel: Nachhaltigkeitsrisiken sollen künftig in Investitions- und Anlagestrategien einbezogen werden, Unternehmen werden daher verpflichtet offenzulegen, wenn ihre Investitionen negative Auswirkungen auf die Nachhaltigkeit haben. Als Maßstab sind die sogenannten ESG-Kriterien (Environment, Social, Gouvernance) anzulegen.

Die Offenlegungsverordnung ist der erste Teil der geplanten Nachhaltigkeitsregulierung der EU. Allerdings fehlen noch genauere Ausführungsbestimmungen (Level-2), sie sollen voraussichtlich zum Jahreswechsel festgelegt werden.

Bei der DKB, einer Vorreiterin in Sachen nachhaltiger Anlagen, ist man offensichtlich trotzdem gut vorbereitet. Die von der Verordnung vorgesehene Veröffentlichung von Informationen zur Nachhaltigkeit von Investitionsentscheidungen, habe man unter anderem auf der Website mit dem heutigen Tag "vollumfänglich erfüllt". "Diese Dokumente werden je nach Bedarf und etwaigen Anforderungsänderungen fortwährend aktualisiert", erklärt eine Sprecherin auf Nachfrage von FinanzBusiness.

Meilenstein des zur Förderung nachhaltigen Wachstums

Auch die Deutsche Kreditwirtschaft (DK) begrüßte heute den Start der neuen Verordnung. "Mit ihr tritt ein erster Meilenstein aus dem EU-Aktionsplan zur Förderung nachhaltigen Wachstums und ein Rahmen für zahlreiche Transparenzpflichten zum Umgang mit Nachhaltigkeitsaspekten in Kraft", so ein Sprecher auf Nachfrage von FinanzBusiness.

"Allerdings stellen die neuen Vorgaben die Institute aktuell noch vor erhebliche Herausforderungen und bauen aufgrund der Komplexität und des vorgesehenen Detaillierungsgrads der Offenlegungspflichten hohe bürokratische Hürden auf", so der Sprecher.

Auch die BaFin sieht Ungereimtheiten

Das ist auch der Bafin schon aufgefallen. Frank Pierschel, Leiter des Referats Bankenaufsicht international und Chief Sustainable Finance Officer der Behörde, bemängelt in einem Beitrag im BaFin Journal, dass wichtige Punkt noch ungeklärt seien. So sei noch offen, ob registrierte Kapitalverwaltungsgesellschaften alternativer Investmentfonds (AIF) überhaupt unter die Verordnung fallen.

Ungeklärt ist auch die Frage, wann ein Finanzprodukt wirklich auf eine nachhaltige Investition abzielt oder wann es nur einzelne ökologische oder soziale Merkmale aufweist. Bei Finanzprodukten, die in ein breites Portfolio etwa aus Aktien und Anleihen investieren, ist noch unklar, ab wann sie als nachhaltig gelten, das heißt, ob und wie viel Beimischung erlaubt ist.

EU Kommission soll Klarheit schaffen

Die drei Europäischen Aufsichtsbehörden haben daher mit Unterstützung der BaFin im Januar 2021 einen Brief an die Europäische Kommission geschrieben und um um mehr Klarheit gebeten.

"Auch die Frage, ab wann die einzelnen Teile der Offenlegungsverordnung angewendet werden sollen, sorgt für Verwirrung", schreibt Pierschel. Die BaFin erwarte von den Unternehmen, dass sie das restliche Jahr nutzen, um ihre Berichtsprozesse bestmöglich auf das Inkrafttreten der delegierten Rechtsakte vorzubereiten. Dabei sollen sich die Unternehmen laut der EU-Kommission an den Entwürfen der Europäischen Aufsichtsbehörden orientieren.

Gewisse Unsicherheit bleibt

Auch die Deutsche Kreditwirtschaft bemängelt, dass noch nicht alle Vorgaben verbindlich feststehen. "Gestaffelte Umsetzungszeitpunkte und noch teils unklare Anforderungen führen nach wie vor zu vielen Unsicherheiten und Anwendungsfragen für die Praxis", so die DK auf Nanchfrage. "Aus Sicht der DK besteht ferner das Problem des fehlenden Gleichlaufs der Offenlegungspflichten mit den regulatorischen Parallelvorhaben (EU-Taxonomie, Level-II-Vorgaben zu MiFID II) sowie der ESG-Datenverfügbarkeit.

Offenlegungs- und Taxonomieverordnung harmonisieren

Ab 2022 oder 2023 wird die Disclosure-Verordnung je nach Umweltziel durch die Taxonomie-Verordnung mit zusätzlichen vorvertraglichen und periodischen Informationspflichten ergänzt. Verlangt wird dann beispielsweise ein Warnhinweis für nicht-nachhaltige Produkte.

Das kritisiert auch Iris Hagdorn, Head of Sustainability bei Warburg-HIH Invest in einer Mitteilung: "Der ganze Regulierungsprozess birgt noch viele Herausforderungen. Die Offenlegungsverordnung und die Taxonomieverordnung stehen nebeneinander und greifen ineinander, sind aber noch nicht vollständig aufeinander abgestimmt."

Die Regulierung werde aber auf jeden Fall dazu beitragen, das Thema ESG noch weiter in der Immobilienwirtschaft zu verankern, meint Hagdorn. "ESG muss künftig in alle Prozesse im Unternehmen integriert werden. Klassisches Beispiel ist der Ankaufsprozess, in dem nun neben einer rechtlichen, technischen und kaufmännischen Due Diligence auch eine Environmental Due Diligence vorgenommen werden muss", so die Nachhaltigkeitsexpertin der Warburg-HIH Invest. 

Die neue Disclosure-Verordnung muss von Finanzberatern und sogenannten "Finanzmarktteilnehmern" eingehalten werden, dazu gehören:

  • Versicherungsunternehmen, die Versicherungsanlageprodukte, so genannte Insurance-based Investment Products (IBIPs) anbieten
  • Wertpapierdienstleistungsunternehmen, die Portfolioverwaltung erbringen
  • Einrichtungen der betrieblichen Altersversorgung
  • Hersteller von Altersvorsorgeprodukten
  • Kapitalverwaltungsgesellschaften, die alternative Investmentfonds (Alternative Investment Fund Managers – kurz AIFM), Organismen für gemeinsame Anlagen in Wertpapieren (OGAW), einen qualifizierten Risikokapitalfonds oder einen qualifizierten Fonds für soziales Unternehmertum verwalten
  • Anbieter von europäischen langfristigen Investmentfonds (European Long-Term Investment Funds - ELTIFs)
  • Anbieter von europaweiten privaten Altersvorsorgeprodukten (Pan-European Personal Pension Product – PEPP)
  • Kreditinstitute, die Portfolios verwalten

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