Wo die Corona-Krise die Banken treffen könnte

Banken sind für Unternehmen bisher eine Stütze in der Corona-Krise. Das IW Köln hat nun untersucht, wo es bei einer Insolvenzwelle zu Belastungen des Bankensystems kommen kann.
IW-Chef Michael Hüther (Archivbild von 2017) | Foto: picture alliance/Michael Kappeler/dpa
IW-Chef Michael Hüther (Archivbild von 2017) | Foto: picture alliance/Michael Kappeler/dpa

Es wurde bereits mehrfach betont: Im Gegensatz zur Finanzkrise 2008 sind die Banken in der Corona-Pandemie nicht das primäre Problem, sondern eher Stütze der von der Krise gebeutelten Realwirtschaft. Dennoch gibt es die Sorge, dass eine Insolvenzwelle auch Rückwirkungen auf das Bankensystem haben wird.

Da über das Ausmaß der Belastungen, die dann auf die Banken und Sparkassen zukommen, nur spekuliert werden kann, haben sich Michael Hüther und Markus Demary vom Institut der Deutschen Wirtschaft (IW) in Köln die Wege angeschaut, über die die Corona-Schocks auf die Finanzinstitute zurückwirken könnten.

Im aktuellen IW-Policy Paper haben sie dabei drei Transmissionskanäle, wie sie es nennen, identifiziert.

Staatsschulden sind ein Thema für Großbanken

Ein Einfallstor für Corona-Schocks bei Banken sind demnach die steigenden Staatsschulden. Sie könnten in Staaten wie Italien oder Griechenland zu einer Abstufung des Kredit-Ratings führen. "Da unverändert Staatsanleihen nicht mit Eigenkapital zu unterlegen sind und wegen eines Home Bias der Banken in ihrem Engagement, kann daraus eine Wiederkehr der Banken- und Staatsschuldenkrise im Euroraum resultieren", heißt es in dem Papier. Betroffen wären vor allem Großbanken.

Anders jedoch als vor zehn Jahren wirke dem nun jedoch die etablierte Bankenunion mit entsprechenden Eingriffs- und Stabilisierungsmöglichkeiten entgegen. Der im Juli 2020 beschlossene "Aufbaufonds" der EU werde zudem die besonders betroffenen Staaten und deren Schuldentragfähigkeit entlasten.

Spezialfinanzierer haben spezifische Risiken

Als weiteren wunden Punkt identifizieren Hüther und Demary das veränderte Reiseverhalten der Menschen. So leiden etwa die Kreuzfahrt- und die Luftfahrtbranche - eine Normalisierung ist erst in einigen Jahren zu erwarten. Hier könne es sein, dass Banken die Kreditausfallraten bei der Flugzeug- und Schiffsfinanzierung unterschätzt haben.

Hier drohten Bilanzprobleme, falls die Eigenkapitalunterlegung zu gering ist, schreiben die beiden Experten. Die Auswirkungen würden sich aber vor allem auf die Großbanken und Anleihegläubiger beschränken, die sich auf solche Finanzierungen spezialisiert haben. "Eine breite Krise des Bankensystems sollte daraus nicht resultieren", heißt es.

Mittelstand bedeutet Belastung für Volksbanken und Sparkassen

Etwas anders dürfte es bei den zahlreichen anderen Branchen aussehen, die breit von Corona betroffen sind: Gastronomie, Tourismus, Messebau, Freizeit und Sport - aber auch Landwirtschaft, Nahrungsmittel und Autozulieferer, wie das IW aufzählt. Hier litten vor allem kleinere Unternehmen, aber auch der typische Mittelstand.

In der Regel seien hier nicht Großbanken, sondern vor allem Sparkassen und Kreditgenossenschaften involviert, sodass die Möglichkeit von umfassenderen Kreditausfällen bei diesen Bankengruppen bestehe. Da beide Gruppen jedoch über eigene Aufsichts- und Sanierungssysteme verfügten, könne eine Insolvenzwelle grundsätzlich in den Verbünden aufgefangen werden, so Hüther und Demary. Zudem werde dadurch die Konsolidierung im Volksbanken- und Sparkassensektor befördert.

Kreditnachfrage dürfte langfristig zurückgehen

"Im Vergleich zur Globalen Finanzkrise wirkt die aktuelle Krise mit einer viel geringeren Geschwindigkeit auf das Bankensystem", resümieren die beiden Studienautoren. Die Profitabilität der Banken wird unter Corona jedoch noch länger leiden, denn die Unternehmen würden zuerst die Corona-Schulden abbauen, bevor sie wieder Kredite für Investitionen erwögen. Es folge somit eine längere Phase mit geringerer Kreditnachfrage.

Für die Politik bedeute all dies, so das IW, dass Reaktionen in Bezug auf den Bankensektor derzeit nicht geboten seien. Stattdessen solle die Realwirtschaft steuerlich gefördert werden, etwa durch die Abzugsfähigkeit von Tilgungsraten und einen ausgeweiteten Verlustrücktrag in Form einer Negativsteuer. Es sollte auch mehr Risikokapital bereitgestellt werden, um dadurch den Strukturwandel zu befördern, so das IW.

Staat sollte Realwirtschaft fördern

Der Staat, aber auch die Banken, könnten nicht jede Insolvenz verhindern - zumal eine Insolvenz nicht das Ende bedeute, sondern auch eine Neuaufstellung ermöglichen könne. Den Banken komme dabei eine Selektionsfunktion zu: "Sie müssen die Unternehmen mit den erfolgreichsten Geschäftsaussichten finanzieren und nicht diejenigen, deren Geschäftsmodell verlustanfällig ist. Zu diesem Zweck ist es eine Kernkompetenz der Banken, die Kreditausfallrisiken ihrer Schuldner zu ermitteln und Eigenkapital gegen unerwartete Verluste vorzuhalten. Das heißt, die Banken müssen auch einen Teil der auf eintretenden Unternehmensinsolvenzen tragen können", schreiben Hüther und Demary.

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