"Wir erwägen einen Austritt, aber wir müssen natürlich die Komplexität und die Folgen dessen, was wir dort tun, abgleichen", sagte Orcel. Die Entscheidung sei schwierig und könne einige Zeit in Anspruch nehmen.
Es sei notwendig, die lokalen Mitarbeiter der Bank zu unterstützen sowie europäische Unternehmen, die versuchten, das Land zu verlassen, sagte Orcel. "Das sind 4000 Menschen, und ich sehe sie als Kollegen", führte er aus. Auch erwarteten die rund 1250 europäische Unternehmen, die sich aus Russland zurückziehen wollten, dass UniCredit sie bei der Entflechtung begleite.
Die Muttergesellschaft der deutschen HypoVereinsbank zählt zu den europäischen Geldhäusern, die besonders stark in Russland engagiert sind. In der vergangenen Woche hatte die Bank ein Szenario präsentiert, wonach eine vollständige Abschreibung des Russland-Geschäfts UniCredit rund 7,4 Mrd. Euro kosten würde.
Orcel sagt Konjunkturschock voraus
Auf der Veranstaltung machte Orcel zudem deutlich, dass sich durch den Ukraine-Krieg das Konjunkturumfeld geändert habe. "Wir werden einen Schock haben", sagte der Bankchef. Er glaube zwar nach wie vor, dass UniCredit die im Dezember präsentierten Ausschüttungsziele erreichen könne. Das sei aber abhängig von der wirtschaftlichen Situation.
Die Bank hatte bereits einen geplanten Aktienrückkauf an die Bedingung geknüpft, dass die Kernkapitalquote bei über 13 Prozent bleibt. Der Unicredit-Chef wies außerdem darauf hin, dass die Messlatte für Fusionen und Übernahmen jetzt höher liege. Denn das Geldhaus benötige überschüssiges Kapital teilweise auch dafür, den Schock abzufedern.
Im Gegensatz zu UniCredit wollen die beiden größten Institute, Deutsche Bank und Commerzbank, zunächst in Russland bleiben, aber kein Neugeschäft mehr annehmen.
Commerzbank und Deutsche Bank machen kein Neugeschäft mehr in Russland