Finanzbranche fürchtet Ukraine-Auswirkungen

Zwar prüft die BaFin bereits mögliche Auswirkungen des Russland-Ukraine-Konflikts. Doch wären wohl vor allem Banken in Italien, Frankreich und Österreich von den Auswirkungen möglicher Sanktionen betroffen.
Symbolbild. | Foto: picture alliance / SULUPRESS.DE | Torsten Sukrow/SULUPRESS.DE
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Ulrike Barth, Reuters

Die Sanktionsdrohungen des Westens in der Ukraine-Krise zielen auf Russland, könnten nach Einschätzung von Experten aber auch die europäische Finanzbranche empfindlich treffen.

Die EZB hat die Institute bereits nach ihren Vorkehrungen gegen Hackerattacken befragt, wie die Nachrichtenagentur Reuters gestern meldete. Die Banken sollen demnach Cyberangriffe simulieren, um ihre Abwehrbereitschaft zu testen.

EZB warnt vor russischen Cyberangriffen 

Auch die deutsche Finanzaufsicht beschäftigt sich bereits mit dem Thema. Die "Börsen-Zeitung" zitiert einen BaFin-Sprecher mit den Worten, die Behörde beobachte die Entwicklungen zwischen Russland und der Ukraine aus bankaufsichtlicher Perspektive. "Beispielsweise stehen Kreditbeziehungen zu russischen Kreditnehmern unter Beobachtung."

Laut dem Bericht haben die direkt von der EZB kontrollierten Großbanken Deutsche Bank und Commerzbank ihre Russland-Engagements zuletzt zurückgefahren, wobei ihr Exposure überschaubar sei. 

Auswirkungen in Italien, Frankreich und Österreich

Käme es zu Sanktionen gegen Russland, so hält die Ratingagentur DBRS Morningstar die Auswirkungen auf Europas Banken für marginal. Nur fünf Banken in Europa wiesen gegenüber der Russischen Föderation ein Exposure von mehr als einem Prozent ihrer Risikoaktiva auf.

Besonders betroffen wären Geldhäuser in Italien, Frankreich und Österreich. Nach Zahlen der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ) hatten allein italienische und französische Institute im dritten Quartal 2021 ausstehende Forderungen in Russland von je rund 25 Mrd. Dollar. Bei österreichischen Banken sind es demnach 17,5 Mrd. Dollar, mehr als bei US-Geldhäusern mit 14,7 Mrd. Dollar. Die österreichische Raiffeisen Bank International (RBI) hat schon Vorsorge für den Fall neuer Russland-Sanktionen getroffen.

Sanktionen träfen eine "Handvoll" Banken

Das Wiener Institut blickt zwar trotz der drohenden Strafmaßnahmen gegen Russland zuversichtlich auf die kommende Geschäftsentwicklung. Mit Russland als seinem wichtigstem Einzelmarkt gehört der Finanzkonzern aber zu einer Handvoll europäischer Geldhäuser, die laut einer JP Morgan-Studie Russland-Sanktionen besonders zu spüren bekommen könnten.

Das gilt auch für die italienische Muttergesellschaft der Hypovereinsbank, UniCredit, die jüngst Pläne zur Übernahme der russischen Otkritie Bank aufgegeben hat. Auch ING aus den Niederlanden und Societe Generale aus Frankreich stecken tief im Russland-Geschäft, zeigen sich bisher aber gelassen. UniCredit war für eine aktuelle Stellungnahme zunächst nicht zu erreichen.

Nach der russischen Annexion der Krim im Jahr 2014 haben die USA und die EU bereits Sanktionen gegen Russland verhängt. Einzelpersonen wurden auf schwarze Listen gesetzt, um den Zugang staatlicher Finanzkonzerne zu westlichen Kapitalmärkten zu begrenzen. Zudem gibt es Einschränkungen in bestimmten Handelsbereichen, wie bei Waffen und Technologie für die Ölindustrie. Laut der BIZ hat sich das Russland-Exposure ausländischer Banken seitdem mehr als halbiert.

Maßnahmen gegen russische Finanzinstitute

Europäische Banken blicken nun besonders auf die Entwicklungen in den USA, wo eine Gesetzesvorlage die größten russischen Geldhäuser verstärkt ins Visier nimmt. Die EU droht Russland mit massiven Wirtschaftssanktionen, doch Diplomaten zufolge sind die geheimen Abstimmungen unter den 27 EU-Mitgliedsstaaten noch längst nicht abgeschossen. Experten rechnen damit, dass sich die Maßnahmen gegen russische Finanzinstitute, den Energiesektor sowie weitere Unternehmen und Personen im Umfeld von Präsident Wladimir Putin richten werden.

Besondere Sorgen bereitet Bankern aber ein Ausschluss Russlands aus dem internationalen Banken-Zahlungssystem Swift, der als eine der schärfsten Maßnahmen ebenfalls im Gespräch ist. Das System wird von mehr als 11.000 Finanzinstitutionen in über 200 Ländern genutzt und ist wichtig für den globalen Geldfluss.

Helaba: Swift-Ausschluss wäre "Atombombe"

Ein Swift-Ausschluss Russlands wäre eine "Art Atombombe", sagte Heinrich Steinhauer, der die Landesbank Hessen-Thüringen (Helaba) in Moskau vertritt, zu Reuters. Sie käme einem gigantischen Schuldenerlass für russische Kunden gleich, weil Rückzahlungen von Verbindlichkeiten an die Banken nicht mehr möglich wären. "Für viele wäre das eine Katastrophe", so Steinhauer. Dies gelte vor allem für die EU und Russland, aber nicht so sehr für die USA, weil es hier weniger Wirtschaftsbeziehungen zu Russland gebe.

Laut Banken-Professor Jan Pieter Krahnen von der Frankfurter Goethe-Universität sind die kurzfristigen Folgen einer Swift-Sperre für Russland unklar. Zudem hält Krahnen ungewollte Konsequenzen einer solchen Maßnahme für möglich, langfristig auch die Entstehung von Parallel-Systemen zu Swift.

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