EZB-Vizechef denkt laut über Maßnahmen gegen Immobilienblase nach

Luis de Guindos warnt vor einer Überbewertung auf vielen EU-Wohnungsmärkten. Ein Analyst der Ratingagentur Scope sieht die Lage allerdings noch unter Kontrolle.
EZB-Vizepräsident Luis de Guindos. | Foto: picture alliance / SvenSimon | Elmar Kremser/SVEN SIMON
EZB-Vizepräsident Luis de Guindos. | Foto: picture alliance / SvenSimon | Elmar Kremser/SVEN SIMON
Daniel Rohrig, Reuters

Der in Teilen der Euro-Zone überhitzende Immobilienmarkt ruft die EZB auf den Plan. Die Überbewertung in gewissen Wohnmärkten greife weiter um sich, warnte EZB-Vizechef Luis de Guindos. Es sei an der Zeit darüber nachzudenken, dass mit Blick auf die Risiken für das Finanzsystem als Ganzes Gegenmaßnahmen ergriffen würden.

Zuvor hatte sich auch schon die BaFin in diese Richtung bewegt. Sie will wegen zunehmender Risiken im Finanzsystem und explodierender Immobilienpreise wieder ein größeres Krisenpolster von den Banken verlangen. Der so genannte sogenannten antizyklischen Kapitalpuffer von aktuell null Prozent auf 0,75 Prozent anzuheben. Und: Für Wohnimmobilienkredite soll ein zusätzlicher sektoraler Puffer von zwei Prozent eingeführt werden.

Rekordanstieg der deutschen Wohnimmobilienpreise

Das Statistische Bundesamt sieht derweil die Preise für Wohnimmobilien in Deutschland im dritten Quartal 2021 um durchschnittlich zwölf Prozent gegenüber dem Vorjahresquartal steigen. Zum zweiten Mal in Folge seit dem Jahr 2000 ist das ein Rekordpreisanstieg bei den Wohnimmobilientransaktionen. Damals starteten die Statistiker die Zeitreihe. Bereits im zweiten Quartal 2021 waren die Preise um 10,8 Prozent geklettert.

Die Preise der Häuser und Eigentumswohnungen werden nach wie vor durch extrem niedrige Zinssätze, fehlende Anlagemöglichkeiten, historisch hohe Haushaltsersparnisse und dem Wunsch der Verbraucher nach einem Umzug in geräumigere Wohnungen angeheizt. Und dieser Wunsch wurde zusätzlich noch durch staatliche Ausnahmeregelungen für die Arbeit von zu Hause aus gefördert.

Zunehmender Wunsch nach geräumigeren Wohnungen

Mathias Pleissner von der Ratingagentur Scope hat bereits seit 2010 Blasenrisiken auf dem europäischen Wohnungsmarkt identifiziert, wie er in einer aktuellen Analyse schreibt. Bislang jedoch sei die "Haushaltsverschuldung und das Verhältnis von Schulden zu Einkommen" nicht auf einem Blasenniveau gewesen. Zudem seien die Immobilienpreise "durch extrem niedrige Zinssätze, fehlende Anlagemöglichkeiten, historisch hohe Haushaltsersparnisse und dem Wunsch der Verbraucher nach einem Umzug in geräumigere Wohnungen angeheizt" worden. Staatliche Ausnahmeregelungen oder Verpflichtungen zur Home-Office-Arbeit hätten diesen Faktor verstärkt.

Auf der anderen Seite, so schreibt der Analyst, könnten die angestiegene Staatverschuldung und die Inflation die Entwicklung der Hauspreise weiter belasten. Dennoch bleibt der Experte mit einer Blasenwarnung vorsichtig: "Angesichts der Zinszurückhaltung der EZB werden schuldenfinanzierte Hauskäufe weiterhin attraktiv sein, da es nur wenige echte Anlagealternativen gibt."

Höhere Steuern oder das Zurückfahren öffentlicher Infrastrukturmaßnahmen seien laut dem Ratingunternehmenm in der derzeitigen Pandemiesituation eher unwahrscheinlich. Solche öffentlichen Investitionen würden schließlich Arbeitsplätze schaffen.

Die Puffer-Maßnahmen der BaFin allerdings sind für Pleissner kein sinnvoller Schritt gegen die Preissteigerungen. Es sei allenfalls "ein erster Schritt, um deutsche Hypotheken unattraktiver zu machen, solange die EZB an ihrer Ultra-Niedrigzinspolitik festhält". Andere nationale Regulierungsbehörden würden dem Beispiel aber vermutlich folgen.

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