Kritik an den EU-Taxonomie-Plänen kommt auch aus der Bankenbranche

Auf politischer Ebene ringt die neue Bundesregierung noch um eine klare Haltung zu den Vorschlägen aus Brüssel. Und auch im Bankenlager äußern Einzelne Kritik.
Ist das nun nachhaltig oder nicht? Für das Kernkraftwerk Brokdorf ist die Einstufung egal: Es wurde nach knapp 35 Jahren Betriebszeit abgeschaltet. | Foto: picture alliance/dpa | Christian Charisius
Ist das nun nachhaltig oder nicht? Für das Kernkraftwerk Brokdorf ist die Einstufung egal: Es wurde nach knapp 35 Jahren Betriebszeit abgeschaltet. | Foto: picture alliance/dpa | Christian Charisius
Ulrike Barth, dpa

Nach einem Vorschlag der EU-Kommission sollen Investitionen in neue Gaskraftwerke insbesondere auf Wunsch Deutschlands übergangsweise als klimafreundlich eingestuft werden können. Auch Investitionen in neue Atomkraftwerke - vor allem in Frankreich geplant - sollen unter bestimmten Bedingungen als grün klassifiziert werden können.

Diese Einstufung in die sogenannte Taxonomie soll mehr Geld in nachhaltige Technologien und Unternehmen lenken und so wesentlich zur Klimaneutralität Europas bis 2050 beitragen. Während Frankreich auf Atomkraft setzt, steigt Deutschland bis Ende 2022 aus der Technologie aus und schrittweise auch aus der Kohle.

Berlin sagt: "Atomkraft, nein danke"

Die Ampel-Parteien suchen derzeit noch eine gemeinsame Haltung im Umgang mit den Vorschlägen der EU-Kommission zur indirekten Förderung moderner Atom- und Gaskraftwerke. Zwar sagte Regierungssprecher Steffen Hebestreit am Montag in Berlin, die vorgeschlagenen Kriterien zur Einstufung von Gaskraftwerken als klimafreundlich seien "im Einklang mit der Position der Bundesregierung" - auch wenn es die Kriterien eigentlich nicht gebraucht hätte. Die Bundesregierung werde den Vorschlag nun prüfen und zu einer abgestimmten Position kommen. Widerspruch kam jedoch prompt von Grünen-Politikerinnen.

Die Einschätzungen der EU-Kommission zur Atomkraft lehne die Bundesregierung ausdrücklich ab, sagte Sprecher Hebestreit. Das ist zwischen den Regierungsparteien SPD, Grüne und FDP nicht strittig.

Um die Pläne noch zu verhindern, müsste unter den EU-Staaten oder im Europaparlament eine deutliche Mehrheit gegen sie zustande kommen - das gilt jedoch als unwahrscheinlich, da sich neben Deutschland lediglich Länder wie Österreich, Luxemburg, Dänemark und Portugal klar gegen eine Aufnahme der Atomkraft aussprechen und auch eine ausreichend große Mehrheit gegen die geplanten Gasregeln nicht in Sicht ist. Die EU-Mitgliedstaaten haben zunächst bis zum 12. Januar Zeit, den Entwurf zu kommentieren.

GLS Bank-Vorstandssprecher Thomas Jorberg warnt davor, dass durch den EU-Vorschlag das Vertrauen in grüne Gütesiegel zerstört werden könnte. "Es ist ein Signal der Beliebigkeit, nicht-nachhaltige Technologien für ein Nachhaltigkeitssiegel zuzulassen. Die neu gewählte Bundesregierung muss alles unternehmen, um das auf EU-Ebene noch zu verhindern", kommentiert Jorberg in einer Pressemitteilung.

Auch Magdalena Senn, Referentin für nachhaltige Finanzmärkte bei der Bürgerbewegung Finanzwende kritisiert den Vorstoß:
"Die EU-Kommission betreibt mit diesen Vorschlägen Greenwashing. Mit ihrem Einknicken vor nationalen Interessen erweist die Kommission nachhaltigen Finanzmärkten in Europa einen Bärendienst."

Dass die Kommission ihren Vorschlag kurz vor Mitternacht am Silvesterabend übermittelte, wertete sie zudem als Zeichen, dass diese ihre eigene Politik vor der Öffentlichkeit verstecken wolle. Mit der Einstufung von Atomkraft und Gas untergrabe die Kommission letztlich ihre eigenen Ziele, nämlich Kapital in nachhaltige Investitionen zu lenken und Greenwashing einzudämmen.

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