EY-Vertreter sah bei Wirecard keine Chance für Bank-Bestätigung

Der für Qualitätssicherung zuständige EY-Wirtschaftsprüfer Christian Orth gestand heute vor dem Wirecard-Untersuchungssausschuss ein, dass man bei der Bilanzprüfung erst in Kontakt mit den asiatischen Banken getreten sei, als Testüberweisungen ausblieben.
Aktenordner mit Fahndungsfotos des ehemaligen Wirecard-Vorstandsmitglied Jan Masalek | Foto: picture alliance/dpa | Kay Nietfeld
Aktenordner mit Fahndungsfotos des ehemaligen Wirecard-Vorstandsmitglied Jan Masalek | Foto: picture alliance/dpa | Kay Nietfeld
DPA, Ulrike Barth, Leonie Weigner

Bei der Prüfung des ehemaligen Dax-Konzerns Wirecard haben Wirtschaftsprüfer von Ernst & Young (EY) jahrelang keine Bankbestätigung für Treuhandkonten in Asien eingeholt und sich auf Bestätigungen der Treuhänder verlassen.

Der Treuhandvertrag habe kein Auskunftsrecht für die Banken enthalten, sagte der für die Qualitätssicherung zuständige EY-Vertreter Christian Orth am Freitag im Wirecard-Untersuchungsausschuss des Bundestags. Man habe allerdings geprüft, ob die Treuhänder Wirecard in irgendeiner Art nahestanden.

"Das Prüfungsteam ist davon ausgegangen, angemessene und ausreichende Prüfungsergebnisse zu haben", sagte Orth.

Durch die Treuhandkonten in Asien sah es so aus, als würden Drittpartner der Wirecard AG offene Rechnungen per Überweisung bezahlen - tatsächlich existierten die 1,9 Mrd. Euro aber wohl nicht. Man hätte sich natürlich gewünscht, bessere Arbeit zu machen und den Fall früher aufzudecken.

"Das beschäftigt mich auch sehr", so Orth weiter.

Er sagte weiterhin aus, dass der Jahresabschluss 2018 zwar bestätigt worden sei, EY aber "als Warnung für die Öffentlichkeit" auf die Vorwürfe aus Singapur hingewiesen habe.

Für FDP-Finanzpolitiker Florian Toncar bleibt das Testat kritisch zu sehen: "Allerdings bleiben massive Zweifel, dass insbesondere die Testate der Jahre 2016 bis 2018 hätten erteilt werden dürfen."

Zum Abschluss 2019 sagte Orth aus, dass damals die Existenz der Treuhandkonten noch bestätigt worden. Mitarbeiter seien extra in die philippinische Hauptstadt Manila gereist, um sich vor Ort einen Eindruck zu machen.

Testüberweisungen blieben aus

Erst als die Treuhandkonten von Singapur auf die Philippinen verlagert wurden und am 20. Juni 2020 klar wurde, dass die Angaben falsch gewesen seien, sei bei ihm "der Feueralarm" angegangen, sagte Orth. Als angeforderte Testüberweisungen ausblieben, hätten die Wirtschaftsprüfer dann 2020 Kontakt mit den Bankvorständen aufgenommen. Diese hätten schließlich bestätigt, dass die Konten nicht existierten.

EY hatte die Wirecard-Bilanzen von 2009 bis 2018 geprüft und abgesegnet, lediglich für den Abschluss 2019 verweigerte die Gesellschaft das Testat. Laut Münchner Staatsanwaltschaft waren die Bilanzen des Zahldienstleisters aber spätestens seit 2015 manipuliert. EY ist nun mit dem Vorwurf konfrontiert, nicht genau genug geprüft zu haben und dem Schwindel aufgesessen zu sein.

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Zudem wechselte der Wirtschaftsprüfer als Konsequnz aus dem Skandal vor kurzem ihren Deutschland-Chef aus. Geschädigte Anleger von Wirecard klagen auch gegen die Wirtschaftprüfer.

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Von Erffa entlastet EY

Gestern wurde bereits der ehemalige Leiter der Buchhaltungsabteilung, Stephan Freiherr von Erffa, zur Geschäftsbeziehung zwischen Wirecard und EY befragt. Seinen Angaben nach, gab es keinen Zusammenhang zwischen den im Jahr 2017 von EY zusätzlich verlangten Belegen und die anschließend von Wirecard zusätzlich vergebenen Beratungsmandaten im Wert von mehreren Hundertausend Euro.

EY soll laut von Erffa "für den Normalbetrieb" zwei bis drei Mio. Euro von Wirecard gezahlt bekommen haben.

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Neben Orth sind heute noch der ehemalige Vorsitzende der Geschäftsführung von EY Deutschland, Hubert Barth, sowie Sven Hauke, Leader Banking & Capital Markets des Beratungsunternehmens PWC geladen.

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