Kleine VR-Bank begibt erste AT1-Anleihe einer genossenschaftlichen Primärbank

Der Bundesverband BVR hatte erst im Frühjahr Richtlinien für solch eine Emission erlassen. Weitere Institute stehen in den Startlöchern.
Der Sitz der VR Bank Nord in Flensburg. | Foto: VR Bank Nord
Der Sitz der VR Bank Nord in Flensburg. | Foto: VR Bank Nord
Bloomberg

Die VR Bank Nord plant eine Emission von AT1-Papieren. Es ist offenbar die erste genossenschaftliche Primärbank in Deutschland, die sich dazu entscheidet. Bisher war diese Form der Kapitalbeschaffung in aller Regel großen Kreditinstituten wie DZ Bank, Deutsche Bank oder UBS vorbehalten. 

Die bisherige Zurückhaltung deutscher Primärbanken bei AT1-Papieren hatte auch mit den hohen Kosten und dem großen Aufwand einer solchen Transaktion zu tun. Eine Kooperation mit einem Investmentfonds, der als alleiniger Käufer auftritt, soll diese Hürde nun aus dem Weg räumen. 

“Als stark wachsende Bank bei der Finanzierung von Windenergieprojekten haben wir einen hohen Eigenkapitalbedarf”, sagte Arne Rohwer, Leiter der Grundsatzabteilung bei der VR Bank Nord, Bloomberg News. “Mit der Emission von AT1-Papieren wollen wir uns auf zukünftige Wachstumsschübe vorbereiten, damit wir dann nicht auf Kapitalengpässe stoßen.” 

Weitere Genobank und Sparkasse wollen auf den AT1-Markt

Ein von der Schweizer ACM Alpstein Capital Management angeschobener Investmentfonds soll die AT1-Emission der VR Bank Nord sowie die Emissionen anderer deutscher Regionalbanken erwerben. Es gibt bereits Vereinbarungen mit einer weiteren Genobank und einer Sparkasse, die ebenfalls in den AT1-Bereich vordringen wollen, sagte ACM-Managing-Partner Christof Grabher. 

“Geplant ist, dass die AT1-Emissionen der drei Institute im ersten Quartal 2024 über eine Privatplatzierung in unserem Fonds erfolgen”, sagte Grabher. Damit käme der Fonds auf ein Startvolumen von rund 100 Mio. Euro. Rohwer von der VR Bank Nord bestätigte das Vorhaben und den Zeitplan. Das Institut liegt mit einer Bilanzsumme von etwas mehr als fünf Mrd. Euro auf Platz 41 (Stand Ende 2022) der Volks- und Raiffeisenbanken hierzulande.

Der Bundesverband der Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken (BVR) und der Deutsche Sparkassen- und Giroverband (DSGV) erklärten auf Anfrage vom Bloomberg, ihnen seien keine Primärbanken aus der jeweiligen Finanzgruppe bekannt, die bereits AT1-Papiere begeben hätten. “Mit der AT1-Emission betreten wir Neuland im Bereich der genossenschaftlichen Primärbanken”, erklärte auch Rohwer. Die VR Bank habe sich bereits von der Vertreterversammlung eine Emission von bis zu 100 Mio. Euro genehmigen lassen, wobei das genaue Volumen noch nicht feststehe. “Uns war wichtig, hier sehr transparent gegenüber unseren Mitgliedern zu sein.”

AT1s, mit vollem Namen Additional-Tier-1-Papiere, sind eigenkapitalähnliche Instrumente, die in einer Krise Verluste auffangen sollen und daher nicht ohne Risiko sind. Gerät eine Bank in eine Schieflage, kann es für Käufer zu Verlusten kommen, so wie unlängst geschehen bei der Credit Suisse. Darüber hinaus sind die Kupon-Zahlungen diskretionär. Vom Verbandsrat des BVR wurde unlängst eine Richtlinie zur Emission von AT1 für den Fall eingeführt, dass Primärbanken derartige Papiere in der Zukunft verkaufen wollen, hatte Bloomberg News berichtet. 

BVR-Richtlinie zu Moral-Hazard-Risiken

Die BVR Richtlinie soll Standard & Poor’s zufolge helfen, Moral-Hazard-Risiken abzumildern. Es sei deutlich gemacht worden, dass der BVR als Verwalter des Sicherungssystems der Genobanken nicht anstrebe, diskretionäre Zahlungen für AT1-Anleger zu schützen, so S&P. 

AT1-Papiere waren zuletzt wieder stark in der Gunst von Investoren gestiegen. Das Zeichnungsvolumen für die jüngsten AT1-Anleihen der UBS war informierten Kreisen zufolge zehn mal so groß wie das Angebot. Die eingegangenen Orders summierten sich demnach auf mehr als 36 Mrd. Dollar. Grabher ist überzeugt davon, dass der geplante AT1-Fonds mit Papieren von Genobanken und Sparkassen für Investoren eine renditestarke Anlage sein kann, während Primärbanken erstmals Zugang zu diesem Markt bekämen. Dieser sei ihnen bislang “de-facto verwehrt” gewesen, sagte Grabher unter Verweis auf kleine Emissionsvolumina und relativ hohe Kosten. “Hinzu kommen andere Nachteile wie fehlende Pricing- und Bewertungsmodelle, schlechte Platzierungsfähigkeit und geringe Liquidität.“ Potenzielle Fonds-Investoren sind Grabher zufolge beispielsweise Family Offices, Pensionskassen, Stiftungen oder auch Versorgungswerke. 

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