Ex-Wirecard-Vorständin wusste nichts über Marsaleks Geschäfte

Die ehemalige Produkt-Chefin war zwischen 2018 und 2020 im Vorstand des Skandal-Konzerns. Auf den Servern des Unternehmens sei vom Drittpartnergeschäft nichts zu sehen gewesen.
Die spätere Wirecard-Vorständin Susann Steidl auf einer Veranstaltung 2014 | Foto: picture alliance / Robert Schlesinger | Robert Schlesinger
Die spätere Wirecard-Vorständin Susann Steidl auf einer Veranstaltung 2014 | Foto: picture alliance / Robert Schlesinger | Robert Schlesinger
dpa

Im Wirecard-Skandal sollen die mutmaßlichen Betrüger um den Hauptverdächtigen Jan Marsalek ihre Geschäfte sogar vor dem übrigen Vorstand abgeschottet haben. Das sagte die frühere Produktvorständin Susanne Steidl jetzt als Zeugin im Münchener Wirecard-Prozess aus. ”Ich habe keine Passwörter gehabt”, sagte die 52 Jahre alte österreichische Managerin.

Erlöse von 1,9 Milliarden Euro nicht auffindbar

Der seit Sommer 2020 abgetauchte Marsalek verantwortete als Vertriebsvorstand das Geschäft mit sogenannten Drittpartnerfirmen - externen Zahlungsdienstleistern, die im Wirecard-Auftrag Kreditkartenzahlungen überwiegend in Asien abwickelten oder abgewickelt haben sollen. Im Sommer 2020 war der einstige Dax-Konzern zusammengebrochen, weil 1,9 Mrd. Euro angeblicher Erlöse aus diesem Drittpartnergeschäft nicht auffindbar waren.

Laut Staatsanwaltschaft war das Drittpartnergeschäft erfunden. Im größten Betrugsfall der deutschen Nachkriegsgeschichte sind Ex-Vorstandschef Markus Braun und zwei weitere frühere Wirecard-Manager wegen des Verdachts des gewerbsmäßigen Bandenbetrugs angeklagt, die Schlüsselfigur Marsalek ist jedoch abgetaucht. Laut Anklage sollen die Täter seit 2015 die Wirecard-Bilanzen gefälscht und kreditgebende Banken um 3,1 Mrd. Euro geprellt haben.

Steidl hatte ”keine Vorstellung”, wo das Drittpartnergeschäft war

Nach Aussage des seit drei Jahren in Untersuchungshaft sitzenden Braun war das Geschäft echt, doch sollen Marsalek und Komplizen an die zwei Mrd. Euro veruntreut haben. ”Auf den Wirecard-Servern war das nicht”, sagte Steidl zu Marsaleks Drittpartnergeschäft. ”Ich hatte keine Vorstellung, wo das war.”

Zuletzt hatte Brauns Verteidiger Alfred Dierlamm Brauns einstigen Schützling Marsalek als Drahtzieher des Betrugs angeprangert, ohne Wissen des früheren Vorstandschefs. Marsalek soll sich nach verschiedenen Berichten in Russland vor der deutschen Justiz in Sicherheit gebracht haben.

In einem Brief hat sich die von vielen Zeugen als charismatisch und charmant beschriebene Schlüsselfigur des Milliardenskandals über einen Anwalt erstmals seit Beginn des Prozesses an das Landgericht München I gewandt. Zum Inhalt des Briefs äußern sich Gericht und Münchner Staatsanwaltschaft nicht. Laut ”Wirtschaftswoche”, die zuerst über den Brief berichtet hatte, äußert sich Marsaleks Verteidiger darin nicht zu den konkreten Vorwürfen.

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