Bundesbank-Präsident unterstreicht Notwendigkeit weiterer Zinserhöhungen

Aufgrund der anhaltend hohen Inflation müssten weitere Zinsschritte folgen, fordert Joachim Nagel. Mittlerweile geht die Bundesbank für 2023 von Inflationsraten im Sechs-Prozent-Bereich aus.
Joachim Nagel, Präsident der Deutschen Bundesbank. | Foto: Bundesbank / Nils Thies
Joachim Nagel, Präsident der Deutschen Bundesbank. | Foto: Bundesbank / Nils Thies
reuters

Bundesbank-Präsident Joachim Nagel unterstreicht trotz der zunehmenden Rezessionsgefahren in Deutschland die Notwendigkeit weiterer Zinserhöhungen der Europäischen Zentralbank (EZB). ”Bei den hohen Inflationsraten müssen weitere Zinsschritte folgen”, sagte Nagel im Interview mit der ”Rheinischen Post”. Das werde auch allgemein erwartet.

”Ich will aber keine Zahl ins Schaufenster stellen,” fügte er hinzu. Die vergangenen Monate hätten gezeigt, dass die EZB bei der Geldpolitik von Sitzung zu Sitzung entscheiden müsse. Die nächste EZB-Zinssitzung ist am 8. September.

Die Inflation im Währungsraum war zuletzt von Rekord zu Rekord geeilt. Angeheizt durch hohe Energie- und Lebensmittelpreise infolge des Ukraine-Kriegs lag sie im Juli bei 8,9 Prozent. Die EZB hat die Zinswende im vorigen Monat mit einer Anhebung um einen halben Punkt auf 0,50 Prozent eingeleitet. Es war die erste Erhöhung des geldpolitischen Schlüsselsatzes seit elf Jahren.

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Nagel fürchtet Rezession durch Energiekrise

Aufgrund der Energiekrise fürchtet Nagel, dass die deutsche Wirtschaft im Winter in eine Rezession abgleiten könnte. Die Wirtschaft sei im ersten Halbjahr unter schwierigen Bedingungen noch ganz passabel gelaufen, sagte er. Sollten jetzt aber weitere Lieferprobleme etwa durch langanhaltendes Niedrigwasser hinzukommen, würden sich Nagel zufolge die Wirtschaftsaussichten für das zweite Halbjahr weiter eintrüben.

Nagel rechnet für Deutschland für das gesamte Jahr 2022 mit einer Inflationsrate in der europäischen Berechnung (HVPI) von über acht Prozent. In den Herbstmonaten sei sogar eine Inflationsrate von zehn Prozent möglich. ”Zweistellige Inflationsraten wurden in Deutschland das letzte Mal vor über siebzig Jahren gemessen”, sagte er.

Dabei wies Nagel auf Sondereffekte hin wie den Tankrabatt und das Neun-Euro-Ticket, die jetzt auslaufen. Das werde die Inflationsrate um gut einen Prozentpunkt erhöhen. ”Die Gasumlage kommt, im Gegenzug soll die Mehrwertsteuer auf Gas gesenkt werden, was wiederum die Preise dämpft”, fügte er hinzu.

2023: Inflationsraten um die sechs Prozent denkbar

Auch im nächsten Jahr könnte die Inflation stärker sein als bisher gedacht, fürchtet Nagel. Lieferengpässe und geopolitische Spannungen dürften fortwirken, sagte er. ”Die Wahrscheinlichkeit wächst, dass die Inflation höher ausfällt als bislang prognostiziert und wir im nächsten Jahr im Schnitt eine Sechs vor dem Komma haben.”

Die jüngsten Projektionen der Bundesbank gehen bislang für 2023 von einer Rate von 4,5 Prozent in Deutschland aus.

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