Betongold und Emotionen: Das schwierige Geschäft von Wertfaktor

Der Teilverkauf von Immobilien ist ein neues Geschäftsmodell und kein einfaches. Darauf reagiert ein Anbieter jetzt mit einem Kundenbeirat. Aber das Geschäft wächst - das Hamburger Startup Wertfaktor konnte eine weitere Volksbank als Partner gewinnen. FinanzBusiness hörte sich um.
Ein Bild aus der Werbekampagne von Wertfaktor. | Foto: Wertfaktor
Ein Bild aus der Werbekampagne von Wertfaktor. | Foto: Wertfaktor

Ein Liquiditätsengpass im Alter stellt manche Senioren vor ein Problem. Kurz vor dem Eintritt ins Rentnerdasein oder sogar danach noch einen Kredit zu bekommen: das ist schwierig.

In die Nische springen seit einigen Jahren Anbieter, die Immobilienbesitzern ermöglichen, ihr Haus teilweise zu verkaufen, um so an Liquidität zu kommen. Einer von ihnen ist die Hamburger Wertfaktor. Mit glücklichen Senioren warb das Unternehmen vor Kurzem noch in den U-Bahn-Schächten deutscher Großstädte.

Die Wirklichkeit sieht etwas anders aus, das muss auch Wertfaktor Co-Geschäftsführer Christoph Neuhaus zugestehen: "Für Eigentümer ist ein Teilverkauf nicht nur ein Geschäft, es ist eine sehr emotionale Angelegenheit. Es geht ja nicht nur um irgendeinen Baustein in der Altersvorsorge, sondern um das vertraute Zuhause, in dem die Menschen alt werden wollen. Oft ist die Immobilie zudem auch der wertvollste Besitz der Senioren."

Hinzu kommt, mit Außenwerbung alleine lässt sich die Zielgruppe von Wertfaktor alleine kaum erreichen. Hier kommen die Volksbanken ins Spiel. Fünf von ihnen kooperieren mittlerweile mit dem Startup. Seit neustem auch die Volksbank Münsterland Nord.

"Viele unserer Kunden haben für die Altersvorsorge auf Immobilien gesetzt und sich so ein erhebliches Vermögen aufgebaut. Mit einem Teilverkauf können sie jetzt auf dieses Geld zugreifen und gleichzeitig selbstbestimmt in ihren eigenen vier Wänden wohnen bleiben", begründet Oliver Altenhövel, Geschäftsführer bei der Volksbank Immobilien Münsterland, einer Tochter der Volksbank Münsterland Nord, die Kooperation mit Wertfaktor.

Für Altenhövel macht der Teilverkauf durchaus Sinn. Anders als bei Verrentungsmodellen, bei denen sämtliche Rechte und Pflichten an den Käufer abgetreten werden, bleiben die Teilverkäufer weiterhin Eigentümer mit einem auf Lebenszeit im Grundbuch eingetragenen Nießbrauchrecht. So lässt sich die Immobilie nicht nur bewohnen, sondern auch umbauen oder vermieten, und für manche Immobilienbesitzer sicher besonders wichtig, der Anteil auch vererben.

Positive Bilanz bei der Volksbank Mittelhessen

Bereits seit etwas über einem halben Jahr arbeitet die Volksbank Mittelhessen mit Wertfaktor zusammen und zieht eine positive Zwischenbilanz. Institutssprecher Dennis Vollmer spricht von einer zweistelligen Anzahl von Teilverkäufen, die ersten seien auch bereits notariell beglaubigt. "Zwischen dem Entschluss zum Teilverkauf und der notariellen Eintragung vergeht meist noch einige Zeit." Bis Ende 2022 hält die Volksbank Mittelhessen einen Anstieg auf 100 Teilverkäufe für möglich.

Eigenen Angaben zufolge hat Wertfaktor insgesamt Anteile an über 400 Eigenheimen im Wert von rund 165 Mio. Euro erworben. Im Schnitt kaufte das Startup einen Anteil von 40 Prozent, die durchschnittlich ausgezahlte Summe habe 200.000 Euro betragen. Die Angaben beziehen sich auf den Dezember 2020, neuere Daten wollte Wertfaktor auf Nachfrage nicht preisgeben.

Alternativlos ist der Teilverkauf auch nicht. Wer sein Haus nicht zwingend benötigt oder vererben will, findet auf dem derzeit boomenden Immobilienmarkt andere und auch bessere Alternativen, um an Liquidität zu kommen.

Und dann ist da immer noch die Emotion. Um die besser zu erfassen hat Wertfaktor jetzt einen fünfköpfigen Kundenbeirat gegründet. Die Kunden nennt Wertfaktor übrigens Miteigentümer.

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