Verdacht: Banker werden zu Aufsehern - und begünstigen ihre ehemaligen Arbeitgeber

Eine Studie hat Erstaunliches zutage gefördert. Einer ihrer Autoren sagt: ”Die Nähe zwischen Banken und Aufsicht birgt mögliche Risiken für die Finanzsta­bilität.”
Erst Banker, dann Aufseher: Kann das gutgehen? | Foto: picture alliance / Zoonar | Elnur Amikishiyev
Erst Banker, dann Aufseher: Kann das gutgehen? | Foto: picture alliance / Zoonar | Elnur Amikishiyev
Reuters

Die personellen Verflechtungen zwischen europäischen Banken und den für sie zustän­digen Aufsichtsbehörden sind einer Studie zufolge eng. Fast vier von zehn Vor­standsmitgliedern von nationalen Regulatoren haben zuvor in der Finanzindustrie gearbeitet, wie aus der am Dienstag veröffentlichten Untersuchung des Instituts für Wirtschaftsfor­schung Halle (IWH) hervorgeht. 

Erstaunliche Parallelität

Für die Studie wurden die Daten zu den Karrierepfaden von 185 europäi­schen Top-Aufsehern ausgewertet. Diese haben in den Jahren 2002 bis 2019 in 13 nationalen Finanzaufsichtsbehörden der zehn größten europäischen Volkswirtschaften gearbeitet. Die Analyse ergab, dass 38,6 Prozent zuvor in Banken tätig waren. Für den Moment, in dem diese Personen ihre neue Stelle antraten, seien Übergewinne der entsprechenden Banken am Aktienmarkt nachweisbar. 

”Die Nähe zwischen Banken und Aufsicht birgt mögliche Risiken für die Finanzsta­bilität”, sagte der Leiter der Abteilung Finanz­märkte am IWH, Michael Koetter. ”Allein der Verdacht, als Aufseher könnten ehemalige Banker ihre früheren Arbeitgeber begünstigen, kann das Vertrauen in die Institu­tionen belasten.” Die Politik sollte daher die Bankenaufsicht verbessern, um das Finanz- und Wirtschaftssystem in Deutschland und Europa zeitgemäß zu sichern.

Neues Auswahlgremium

Finanzmarktforscher Koetter schlägt vor, den Auswahlprozess für Führungsposten in der Bankenaufsicht offe­ner, vielfältiger und komplexer zu gestalten. Erstrebenswert sei ein Auswahlgremium, in dem Politik, Finanzbranche, Realwirtschaft und Zivilgesellschaft in ei­nem öffentlichen Konsultationsverfahren mit mehreren Stufen die beste Person für einen Posten finden. Bislang entscheide allein die Politik in geheimer Abstimmung über die Personalien.

Bevor Banker in den Vorstand der nationalen Finanzaufsicht wechseln, sollten sie eine Wartezeit von mindestens zwei Jahren durchlaufen. Bis­lang sei ein Wechsel nahtlos möglich. Zudem sollte ein europäisches Transparenzregister für Banken und ihre Aufseher geschaffen werden. Dank neuer Daten würden Fondsgesellschaften, Versiche­rungen und weitere Anleger mehr Klarheit gewinnen über mögliche personelle Netzwerke im Finanzwesen. Somit könnten sie Chancen und Risiken ihrer Investi­tionen besser abwägen. Der Markt würde besser beitragen zur Disziplinierung der Banken, so das IWH.

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