"Metzlern" und schweigen: Ein Blick hinter die Kulissen einer Banken-Dynastie

Seit genau 350 Jahren befindet sich die Frankfurter Privatbank ”Metzler” in Familienbesitz. Was ist ihr Erfolgsgeheimnis? 
Franz von Metzler. | Foto: picture alliance / Ulrich Baumgarten | Ulrich Baumgarten
Franz von Metzler. | Foto: picture alliance / Ulrich Baumgarten | Ulrich Baumgarten
DPA

Im Foyer ein Empire-Sofa mit dunkelblauem Stoff, Ölgemälde an den Wänden, Besuchern wird ”Metzler-Rauchtee” in einer Goldrandtasse mit aufgeprägtem ”M” gereicht - eine moderne Bank stellt man sich anders vor. Doch ihre außergewöhnlich lange Geschichte gibt der Frankfurter Privatbank Metzler recht: 350 Jahre, zwölf Generationen - seit 1674 ist das Bankhaus ohne Unterbrechung vollständig in Familienbesitz.

Das ist einmalig in Deutschland. Bei der 1590 gegründeten Berenberg Bank beispielsweise, eine der ältesten Privatbanken der Welt, hält die Familie nach jüngsten Angaben knapp ein Drittel der Anteile. Sal. Oppenheim (1789) ging in der Deutschen Bank auf, Hauck & Aufhäuser (1796) wurde vom chinesischen Finanzinvestor Fosun übernommen.

Erfolgsrezept: ”Metzlern”

Ein Grund für die lange Familiengeschichte des Bankhauses Metzler: ”metzlern”. Der persönliche Austausch, der direkte Kontakt zur Kundschaft, wurde früh zu einem Markenzeichen. Reichskanzler Otto von Bismarck habe sich im 19. Jahrhundert oft in den Salons von Emma Metzler (1827-1880) eingefunden, ist in der Historie des Bankhauses zu lesen. Was heute ”Networking” heißt, habe der Reichskanzler damals ”metzlern” genannt.

”Das Bankhaus ist sehr offen, die Familie ist sehr offen. Es gibt Zusammenkünfte, die man pflegt. Man trifft sich, man tauscht sich aus: Das ist ´metzlern´ im besten Sinne”, sagt der seit 1. Juli 2023 amtierende Vorstandssprecher Gerhard Wiesheu, der seit 2001 für Metzler arbeitet. Es gehe nicht um schnelle Geschäfte, sondern um eine langfristige Vertrauensbasis.

Franz von Metzler, seit 1. Januar 2023 Vertreter der Familie im Vorstand, schilderte der ”Zeit” im April 2023 eine Begebenheit mit seinem Vater, der über viele Jahre das Bankhaus über das Rhein-Main-Gebiet hinaus prägte: Friedrich von Metzler habe ihn angerufen und ein Gespräch mit einem bestimmten Kunden angeregt. ”Ich habe vorgeschlagen, ihn in die Bank einzuladen. Aber unser Vater war dafür, zu ihm zu fahren. Und der Erfolg gibt ihm recht”, sagte Franz von Metzler. ”Manche nennen ihn auch einen Ein-Mann-Strukturvertrieb.”

Vom Tuchhandel zum Geldhandel

Mit einem anderen Mann begann vor 350 Jahren die Geschichte des Bankhauses: Benjamin Metzler gründete 1674 in Frankfurt eine Tuchhandlung. Den Sohn eines Pfarrers aus dem sächsischen Vogtland hatte es drei Jahre zuvor im Alter von 21 Jahren ins Handelszentrum an den Main gezogen. Bald bemerkte Benjamin, dass die Geschäfte besser liefen, wenn er nicht nur Tuch verkaufte, sondern der Kundschaft auch Geldwechsel anbot. Der Tuchhändler wurde zum Geldhändler.

Das ”B.” im Namen des Bankhauses erinnert bis heute an den Gründer: B. Metzler seel. Sohn & Co. Seit 2021 firmiert Metzler als Aktiengesellschaft. Aktuell teilen sich die Anteile unter drei Familienmitgliedern wie folgt auf: Franz von Metzler 40 Prozent, Elena von Metzler 40 Prozent, Leonhard von Metzler 20 Prozent. Das ”von” im Familiennamen verdankt die Familie der Erhebung ihrer Vorfahren in den erblichen Adelsstand im Jahr 1901.

Um manche andere Zahl macht das Bankhaus ein Geheimnis. Der Geschäftsbericht ist vergleichsweise knapp gehalten, seit Jahren steht ein Überschuss von 2,3 Millionen Euro in der Bilanz. Das ”große Schweigen” sei ”eine Art Markenkern der Familie”, schrieb vor Jahren das ”Handelsblatt”.

Tradition alleine reicht nicht

Ein Selbstläufer sind Geschäfte im hart umkämpften deutschen Bankenmarkt auch für ein Traditionshaus wie Metzler nicht. Die Bank habe viel aus ihrer langen Geschichte gelernt, sagte Wiesheu im November der FAZ: ”Aber die Tradition allein hilft uns nicht, um die Zukunft zu meistern.” Das Bankhaus, das sein Geld unter anderem mit der Verwaltung privater Vermögen und im Pensionsmanagement für Unternehmen verdient, müsse sein Angebot an die Kundschaft immer wieder anpassen.

”Wir haben eine Task-Force aufgebaut, unser Digital Assets Office, das sich ausschließlich mit Zukunftstrends beschäftigt”, schilderte Wiesheu im Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur. ”Wir glauben als Bank, dass die Digitalisierung, zum Beispiel der Einsatz der Blockchain-Technologie, enormes Potenzial für unser Haus hat. Wir wollen da ganz vorne mit dabei sein.”

Metzler bald auch in Berlin

Wiesheu will zugleich in die Präsenz in der Fläche investieren: ”Wir planen die Eröffnung eines Standorts in Berlin.” Dies sei kein Testballon, sondern als langfristiges Engagement geplant. Wiesheus Ziel: Gründerszene und Erbengeneration vor Ort von Metzler-Dienstleistungen überzeugen. Auch für die bestehenden Niederlassungen in Hamburg, Düsseldorf, Stuttgart und München sieht er Ausbaupotenzial in benachbarten Regionen.

Unter dem Motto ”Ausrichtung Zukunft” wird der 350. Jahrestag der Gründung des Bankhauses Metzler in diesem Jahr begangen - betont bescheiden. ”Wir feiern dieses Jubiläum sehr gerne, wir sind stolz auf unsere Geschichte. Aber aufgrund der internationalen Krisen und der wirtschaftlichen Lage werden wir das mit Augenmaß tun”, sagte der Vorstandssprecher in einer Anfang Januar veröffentlichten Videobotschaft.

Einziges Manko des Jubiläumsjahres: Ein genaues Gründungsdatum ist nicht überliefert. Man behilft sich daher mit einem anderen Ereignis aus dem Jahr 1674: Die Bank gehe davon aus, ”dass die Firmengründung in unmittelbarem Zusammenhang mit der Hochzeit des Gründers Benjamin Metzler mit Katharina Voss am 27. April 1674 steht”, erläuterte ein Sprecher.

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