Deutschland hat so viele Aktionäre wie seit 20 Jahren nicht mehr

In Zeiten von Null- oder gar Negativzinsen entdecken immer mehr Sparer Aktien als Geldanlage. Auch Banken und Sparkassen versuchen verstärkt ihren Kunden dieses Investment schmackhaft zu machen.
Der Arbeitsplatz eines Aktienhändlers. (Symbolbild) | Foto: picture alliance / Bildagentur-online/Tetra
Der Arbeitsplatz eines Aktienhändlers. (Symbolbild) | Foto: picture alliance / Bildagentur-online/Tetra
Archibald Preuschat mit dpa

Die Zahl der Aktionäre in Deutschland ist 2020 auf den höchsten Stand seit fast 20 Jahren geklettert. 12,35 Millionen Menschen besaßen nach Angaben des Deutschen Aktieninstituts (DAI) Anteilsscheine von Unternehmen und/oder Aktienfonds und damit knapp 2,7 Millionen mehr als ein Jahr zuvor.

Diese Entwicklung haben nicht zuletzt die Banken und Sparkassen befördert. So war es die ING Deutschland, die das Tagesgeldkonto in Deutschland einst populär machte. Jetzt will die Direktbank iher Kunden zum Wertpapiersparen bewegen.

Banken und Sparkassen erheben immer häufiger Negativzinsen und empfehlen ihren Kunden die Anlage in Aktien als renditestärkeres Investment. Auch Sparpläne auf Aktien und ETFs waren in den vergangenen Monaten vor diesem Hintergrund rege gefragt.

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Vieles spricht dafür, dass die ultralockere Geldpolitik der Europäischen Zentralbank (EZB) die Haltung der als Aktienmuffel geltenden Deutschen zum Wertpapier nachhaltig verändert.

Allerdings sind in der Statistik 2020 erstmals auch ausländische Aktionäre mit Wohnsitz in Deutschland erfasst. Dies allein erhöhte die Zahl um 500.000.

"Der letztjährige Boom bei den Aktionären ist ein gutes Zeichen für die Aktienkultur in Deutschland", stellte Institutschefin Christine Bortenlänger am Donnerstag in Frankfurt fest. Viele, die den Schritt aufs Börsenparkett wagten, wollen nach Erkenntnissen des Instituts langfristig dabeibleiben.

Pandemie als Katalysator

Die Pandemie tat ein Übriges, so die Analyse des Aktieninstituts: "Viele Sparerinnen und Sparer hatten 2020 einfach mehr Zeit und mehr Geld." Weil Urlaube platzten, Einkaufsbummel und Restaurantbesuche zeitweise nicht oder nur eingeschränkt möglich waren, sparten die Menschen viel Geld. Von 100 Euro wurden nach Berechnungen des Statistischen Bundesamtes im Schnitt gut 16 Euro auf die hohe Kante gelegt.

Die gewonnene Zeit nutzten etliche Anleger nach Einschätzung des Aktieninstituts, um sich mit ihren Finanzen zu beschäftigen: "Gepaart mit den sinkenden Börsenkursen im Frühjahr nutzten das offenbar Viele als Chance für den Einstieg in den Aktienmarkt."

Etwa jeder Sechste in Deutschland ab 14 Jahre hat nach den jüngsten Zahlen Aktien, Aktienfonds oder börsengehandelte Indexfonds (ETFs) im Depot. Im Vergleich zu anderen Industrieländern ist der Anteil der Aktionäre in Europas größter Volkswirtschaft mit 17,5 Prozent der Bevölkerung jedoch nach wie vor eher gering. In den USA etwa fördert der Staat die Altersvorsorge über den Kapitalmarkt stärker.

Appell an die Politik

Bortenlänger appellierte erneut an die heimische Politik: "Mitarbeiteraktien sollten noch mehr gefördert werden, Aktienerträge nach einer Haltefrist von fünf oder zehn Jahren steuerfrei sein, und Aktien müssen ein fester Baustein in der Altersvorsorge werden."

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