Hamburgs Zögern bei den Cum-Ex-Rückforderungen war unerlaubte Beihilfe
![Bundestagsabgeordneter Fabio De Masi (Die Linke) | Foto: picture alliance/Jörg Carstensen/dpa](https://photos.watchmedier.dk/watchmedier/resize:fill:3840:0:0/plain/https://photos.watchmedier.dk/Images/article12504109.ece/ALTERNATES/schema-16_9/135157347.jpg.png)
Weil die Hamburger Steuerbehörde zunächst auf die Rückforderungen von Steuervergünstigungen aus Cum-Ex-Geschäften versichtet, könnte die Hamburger Behörde gegen EU-Recht verstoßen haben.
Das legt ein Gutachten des wissenschaftlichen Dienstes der Bundestages nahe, das FinanzBusiness vorliegt.
Steuerschuld in Höhe von 47 Millionen Euro
Obwohl die Hamburger Finanzbehörde seit April 2016, offiziell von der Staatsanwaltschaft über die Ermittlungen gegen die Warburg Bank informiert war, soll eine Steuerschuld in Höhe von 47 Millionen Euro bis zur steuerrechtlichen Verjährung der Ansprüche Ende 2016 nicht zurückgefordert worden sein. Erst auf eine Weisung des Bundesfinanzministeriums im Dezember 2017 wurden die Ansprüche gegen die Warburg verfolgt.
"Mangels eines einschlägigen Ausnahmetatbestands ist von dem Vorliegen einer verbotenen, nicht gerechtfertigten Beihilfe im Sinne des Art. 107 Abs. 1 AEUV auszugehen", heißt es in dem Gutachten aus dem Fachbereich Europa.
Die "Nicht-Unterbindung der steuerrechtlichen Verjährung" sei eine nach EU-Recht verbotene Beihilfe, so der Wissenschaftliche Dienst des Bundestages.
Finanzieller Vorteil für Warburg Bank entstanden
Weil die Rückforderung unterblieb, sei der Warburg Bank ein finanzieller Vorteil gegenüber anderen Privatbanken entstande. Das Wochenblatt 'Die Zeit' und die ARD-Sendung 'Panorama' hatten als erste über das Gutachten berichtet.
Ob tatsächlich eine verbotene Beihilfe vorliegt muss die EU-Kommission bewerten. Folgt sie der Auffassung des Gutachtens, müsste die Bank die 47 Millionen Euro unabhängig von der Verjährung in Deutschland zurückzahlen.
In Auftrag gegeben wurde das Gutachten von Bundestagsabgeordneter Fabio De Masi (Die Linke). Der erwartet nun, dass Brüssel notfalls eingreift, um das verjährte Geld wiederzuholen. "Das wäre peinlich für Olaf Scholz", so de Masi. "Das Beihilferecht der EU verhindert manche sinnvolle Investition des Staates in die Zukunft, es rettet uns aber womöglich Cum-Ex Millionen."
Zuletzt hatte die Hamburger Behörde die Rückzahlung, die mittlerweile auf 160 Mio. Euro beträgt, laut Medienberichten ausgesetzt.
Warburg muss Steuerschulden aus Cum-Ex-Geschäften vorerst nicht zahlen
Die Frage, ob SPD-Politiker Einfluss auf Entscheidungen des Finanzamts genommen haben, der in den Cum-Ex-Skandal verwickelten Warburg-Bank eine Steuernachforderung in zweistelliger Millionenhöhe zu erlassen, wird demnächst Thema eines Untersuchungsausschusses in Hamburg sein.
Cum-Ex-Skandal wird in Hamburg Fall für einen Untersuchungsausschuss
In diesem Zusammenhang steht auch Bundesfinanzminister Olaf Scholz in der Kritik, der damals erster Bürgermeister in Hamburg war und dessen Nähe die Verantwortlichen der Warburg Bank in der Sache suchten. Scholz traf sich 2016 innerhalb weniger Wochen zwei Mal mit Warburg-Eigner Christian Olearius.
Im Cum-Ex-Skandal suchten Warburg-Banker die Hilfe von Olaf Scholz