Wir werden die Zinsschraube noch lange nicht zurückdrehen, sagt EZB-Chefvolkswirt Philip Lane

Es sei sogar möglich, dass die Zinsen nochmal angehoben werden. 
Zinsen runter? Nicht mit uns, sagt EZB-Chefvolkswirt Philip Lane. | Foto: picture alliance / ZUMAPRESS.com | Bce
Zinsen runter? Nicht mit uns, sagt EZB-Chefvolkswirt Philip Lane. | Foto: picture alliance / ZUMAPRESS.com | Bce
Reuters

Die EZB wird laut ihrem Chefvolkswirt Philip Lane im Kampf gegen die Inflation voraussichtlich noch länger die Zinsen auf einem hohen Niveau belassen. Der ehemalige Präsident der irischen Zentralbank sagte der niederländischen Zeitung ”Het Financieele Dagblad”, dass zwar davon auszugehen sei, dass die Teuerung im Euroraum bis 2025 zur Notenbank-Zielmarke von zwei Prozent zurückkehre. Es gebe dabei jedoch ein großes Aber.

”Nur wenn wir hinreichend sicher sind, dass wir dieses Ziel erreichen, können wir die Geldpolitik normalisieren. Aber das liegt noch ein ganzes Stück von dem entfernt, wo wir uns jetzt befinden.” 

Im September lag die Inflation in der 20-Ländergemeinschaft bei 4,3 Prozent. Das ist immer noch mehr als doppelt so hoch wie das Notenbank-Ziel.

Lane schloss in dem Interview auch nicht aus, dass die EZB sogar noch mal nachlegen könnte. Sie werde die Zinssätze so lange wie nötig hoch halten, sagte er. ”Wenn wir Inflationsschocks haben, die hinreichend groß oder hinreichend hartnäckig sind, müssen wir offen sein, mehr zu tun.” Zugleich wies der oberste EZB-Ökonom darauf hin, dass von den bisherigen Zinsanhebungen noch nicht alle Auswirkungen die Wirtschaft vollständig erreicht hätten.

Hohe Löhne und eine unsichere Welt

Er persönlich benötige noch mehr Informationen über die Lohnabschlüsse für 2024, führte Lane aus. Die EZB werde noch bis zum Frühjahr warten müssen, bevor in vielen Ländern diese Informationen veröffentlicht werden. ”Es wird also noch einige Zeit dauern, bis wir ein hohes Maß an Zuversicht haben können, dass die Inflation auf dem Weg zurück zu zwei Prozent ist.” Die Welt sei voller Unsicherheiten. ”Es gibt Risiken auf beiden Seiten, aber wir sehen immer noch relativ hohe Lohnzuwächse, und es gibt immer noch einige Bereiche der Wirtschaft, in denen es Preiserhöhungen gibt.” Die EZB werde für einen längeren Zeitraum auf der Hut sein.

Investoren sind optimistisch

Die Euro-Wächter haben seit Sommer 2022 die Schlüsselzinsen um insgesamt 4,50 Prozentpunkte angehoben - zuletzt im September um einen viertel Prozentpunkt. Das war die zehnte Anhebung in Serie. Der am Finanzmarkt richtungsweisende Einlagensatz, den Geldhäuser für das Parken überschüssiger Gelder von der Notenbank erhalten, liegt damit inzwischen bei 4,00 Prozent. Am Finanzmarkt wird zwar davon ausgegangen, dass die EZB die Zinsen bis zum Jahresende nicht noch weiter erhöhen wird. Aus den Kursen am Geldmarkt geht aber hervor, dass manche Investoren erste Zinssenkungen bereits im Frühjahr 2024 für möglich halten.

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