Im Wirecard-Untersuchungsausschuss stehen diesmal die Marktaufseher im Mittelpunkt

Die Abgeordneten befassen sich heute und morgen mit der "Bilanzpolizei" DPR, der Staatsanwaltschaft München, der Marktmanipulationsverfolgung, sowie einigen Politikern: Allen voran dem hessischen Wirtschaftsminister.
Hans Michelbach, stellvertretender Ausschuss-Vorsitzender, nimmt an der Sitzung des Bundestags-Untersuchungsausschusses zum Bilanzskandal Wirecard teil | Foto: picture alliance/dpa | Kay Nietfeld
Hans Michelbach, stellvertretender Ausschuss-Vorsitzender, nimmt an der Sitzung des Bundestags-Untersuchungsausschusses zum Bilanzskandal Wirecard teil | Foto: picture alliance/dpa | Kay Nietfeld

Heute und morgen stehen den Abgeordneten des Wirecard-Untersuchungssausschuss wieder lange Tage und Nächte im Europasaal des Berliner Paul-Löbe-Haus bevor. Insgesamt zehn Zeugen sind geladen. Besonders viel versprechen sich die Abgeordneten von der Befragung der hessischen Börsenaufsicht.

Dafür wurde Andreas Mitschke, Leiter der Handelsüberwachungsstelle der Frankfurter Wertpapierbörse und der Terminbörse Eurex Deutschland (HÜSt) geladen. Ihn erwarten Fragenkomplexe zu Stichwort "Leerverkäufe". Denn die Börsenaufsicht hat laut einer Analyse keine Signale für extreme Shortselling-Aktivitäten gesehen.

Auch sein Dienstherr, der hessische Wirtschaftsminister Tarek Al Wazir, wird von den Abgeordneten in den Zeugenstand berufen.

"Er wird sich hier erklären müssen, ob seine Börsenaufsicht ihren Job richtig gemacht hat", heißt es dazu von Hans Michelbach (CSU), stellvertretender Vorsitzender des Untersuchungsausschusses, in seinem Eingangsstatement zu Beginn der Sitzung, das FinanzBusiness vorliegt.

BaFin ignorierte wohl Analyse der Börsenaufsicht

Noch im Februar 2019 hatte die BaFin ein Leerverkaufsverbot erteilt - welches vermutlich auch vom Bundesfinanzministerium gut geheißen wurde. Und dies, obwohl sowohl Hinweise der Bundesbank, wie auch der Börsenaufsicht dagegen sprachen. Dieser Umstand war im November ans Tageslicht gekommen.

Im Wirecard-Skandal verhärten sich die Fronten 

Weiterhin sind beispielsweise ein Betriebsprüfer aus dem Bundeszentralamt für Steuern geladen. Hier sieht Michelbach ebenfalls interessante Ansatzpunkte: "Die Unterlagen ergeben, dass die Betriebsprüfer recht frühzeitig erkannt haben, dass mindestens Teile des Wirecard-Geschäfts nicht werthaltig waren, sondern Fake - zu Recht wie wir heute wisse."

Dies stelle Fragen an die Qualität der Prüfer von EY, die diese Geschäfte testiert haben. "Aber natürlich auch an die BaFin", so Michelbach weiter.

Deshalb werden heute und morgen noch zwei BaFin-Angestellte aus den Referaten Marktmanipulationsverfolgung sowie Geldwäscheprävention befragt. Den finalen Akt dieses Themenkomplexes dürfte es dann voraussichtlich Ende März geben, wenn noch-BaFin-Chef Felix Hufeld und seine Stellvertreterin Elisabeth Roegele vor den Untersuchungssausschuss treten.

Staatsanwaltschaft ging nur manchen Hinweisen nach

Um ignorierte Hinweise geht es auch bei der Befragung der Oberstaatsanwälte Hildgard Bäumler-Hösl und Matthias Bühring, der Staatsanwaltschaft München I. Denn die Abgeordneten kritisieren, dass die Ermittler einerseits beispielsweise auf kritische Analystenberichte, wie vom Shortseller Matthew Earl, nur bedingt oder zumindest verzögert reagierten, andererseits aber Verfahren auf den Weg brachte für die es - nach jetzigem Stand der Dinge - wohl keine Sachbeweise gab. Ob und inwiefern das expost nachzuweisen ist, bleibt abzuwarten.

Bäumler-Hösl war bereits Ende Januar in den Zeugenstand geladen worden und dabei ein anderthalbstündiges Eingangsstatement mit Verweisen auf Protokoll und juristischer Vorgehensweise verlesen.

"Wir waren immer in den Startlöchern", sagte sie da beispielsweise, gab aber auch zu, dass sie nicht alle Wirecard-Akten gelesen habe. Bühring hingegen wohl schon.

Präsident der DPR im Zeugenstand

Als erstes trat heute Morgen Edgar Ernst, seinerseits Präsident der Deutschen Prüfstelle für Rechnungslegung (DPR), in den Zeugenstand. Er kämpft für seine Behörde und streitet vehement ab, dass man in der Causa Wirecard zu langsam oder gar falsch reagiert habe.

Die Bundesregierung hatte die Zusammenarbeit mit der DPR nach 15 Jahren in Folge des Wirecard-Skandals gekündigt. Von der Auflösung des Vertrags hat Ernst selbst nach eigener Aussage erst aus den Medien erfahren. Eine Nachfolge ist noch nicht gefunden, der Vertrag läuft Ende 2021 aus.

Bund kündigt nach Wirecard-Skandal Vertrag mit Bilanzprüfern 

Außerdem ist ein Beamter des Bayerisches Staatsministerium für Wirtschaft und Medien, Energie und Technologie geladen, ein weiterer geladener Zeuge hat sich krank gemeldet.

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