Investitionen für Start-ups gehen stark zurück - aber Deutschland steht vergleichsweise gut da

Wie hat sich die Situation für Start-ups dieses Jahr entwickelt? Die Antwort auf die Frage hängt davon ab, wie man die Fakten gewichtet. 
Das Geld für Investitionen in Start-ups fließt 2023 weniger üppig. | Foto: picture alliance / Bildagentur-online/Beg | -
Das Geld für Investitionen in Start-ups fließt 2023 weniger üppig. | Foto: picture alliance / Bildagentur-online/Beg | -
DPA

Stark gestiegene Zinsen, Konjunktursorgen, Kriege und Inflation: Die deutsche Tech-Branche kann sich schlechteren Finanzierungsbedingen in Europa nicht entziehen, kommt aber mit relativ glimpflichen Einbußen davon. Das zeigt ein Bericht des Risikokapitalgebers ”Atomico”. 

Ein Viertel weniger

Deutsche Tech-Firmen dürften dieses Jahr 7,8 Mrd. Dollar Wagniskapital einsammeln, was einem Rückgang von etwas über einem Viertel (28 Prozent) gegenüber den 10,8 Mrd.. von 2022 entspricht. In Europa dagegen gingen die Wagniskapital-Investitionen für Start-ups dieses Jahr um fast die Hälfte (45 Prozent) zurück, in Zahlen: Von 82 Mrd. Dollar im vergangenen Jahr auf rund 45 Mrd. in diesem Jahr.

Der Rückgang falle noch heftiger aus als zunächst erwartet, so Atomico. Vor allem US-Investoren hielten sich mit ihren Engagements in Europa zurück. Das treffe primär Start-ups in Deutschland.

Großbritannien unangefochten an eins

Die Bundesrepublik, das einwohnerstärkste Land des Koninents, liegt auf Platz drei in Europa. Start-ups aus Großbritannien und Frankreich werben mehr, und zwar 12,7 beziehungsweise acht Milliarden Dollar ein. Allerdings erleiden sie größere Rückgänge zum Vorjahr als ihre deutschen Konkurrenten.. Atomico sieht hierzulande einen klaren Aufwärtstrend: Die Summe von 7,8 Milliarden Dollar liege 39 Prozent über dem Niveau von 2020. Darüber hinaus gelingt es Deutschland nach Großbritannien, das den Vorteil der englischen Sprache für sich verbucht, die meisten Tech-Talente anzuziehen. Insgesamt arbeiten in der Bundesrepublik rund 240.000 Menschen bei Start-ups. In Europa sind es 2,3 Millionen. 

Je nach Interpretation

Tom Wehmeier, Partner bei Atomico, interpretierte die Ergebnisse so: Europas Tech-Branche sei robust und zeige Zeichen einer Stabilisierung. Trotz der großen Rückgänge sei 2023 das drittstärkste Finanzierungsjahr nach dem Rekordjahr 2021 sowie 2022. In Europa seien dieses Jahr mehr Start-ups gegründet worden (darunter mehr als ein Viertel aus dem Energie- und Klimaschutz-Bereich) als in den Vereinigten Staaten, doch die Finanzierung sei weiter schwieriger als jenseits des Großen Teichs. ”Die Wahrscheinlichkeit, in den USA Wagniskapital zu erhalten, ist noch immer um 40 Prozent größer als in Europa - und auch die hiesigen öffentlichen Märkte halten sich beim Technologiesektor weiter zurück.”

Entlassungen bei Start-ups dürften weitergehen

Insgesamt hat die Start-up-Branche schwierige Monate hinter sich. Nicht nur, dass sich Investoren angesichts von Ukraine-Krieg, schwacher Konjunktur und gestiegener Zinsen zurückhalten. Auch die Bewertungen vieler großer Start-ups brachen ein, eine ganze Reihe strich Jobs. In diesem Jahr erreichten nur wenige Firmen, darunter der Kölner Online-Übersetzungsdienst DeepL, eine Milliardenbewertung. Die Entlassungen in der Start-up-Branche dürften 2024 weiter gehen, glaubt Atomico.

Gerade Deutschland hinkt beim Wagniskapital Ländern wie den USA weit hinterher. Bei großen Finanzierungsrunden in der späten Phase sind hiesige Start-ups meist auf angelsächsische Investoren angewiesen. Um das Problem zu mildern, hat die Bundesregierung einen neuen milliardenschweren Fonds an den Start gebracht, an dem sich namhafte Großanleger beteiligen.

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