EZB-Vize de Guindos gegen baldige Auflösung antizyklischer Kapitalpuffer
Die drastisch angehobenen Zinsen könnten sich laut EZB-Vizepräsident Luis de Guindos auf die Stabilität des Finanzsystems in der Währungsgemeinschaft auswirken. ”Die Aussichten für die Finanzstabilität im Euroraum sind fragil, da sich das Finanzsystem an ein höheres Zinsumfeld anpasst”, sagte der Stellvertreter von Notenbank-Präsidentin Christine Lagarde auf einer Konferenz der Europäischen Zentralbank (EZB) in Frankfurt.
Auswirkungen der höheren Kreditkosten können dauern
Bislang seien die meisten Unternehmen und Haushalte noch nicht nennenswert unter Druck geraten. Allerdings werde es einige Zeit dauern, bis die ganzen Auswirkungen der höheren Kreditkosten, der hohen Inflation und des schwachen Wachstums zu spüren seien, merkte er an.
Banken im Euroraum besäßen eine solide Kapitalausstattung, was positiv sei, sagte de Guindos. Die Ergebnisse des jüngsten EZB-Stresstests bestätigten zudem, dass das Bankensystem einem schwerwiegenden Negativszenario standhalten könne. Die Zeit für eine Auflösung der von Banken verlangten Krisenpolster, in der Fachwelt als antizyklische Kapitalpuffer bezeichnet, sieht de Guindos gleichwohl aber noch nicht für gekommen. ”Unserer Ansicht nach ist es noch nicht an der Zeit, über die Freigabe makroprudenzieller Kapitalpuffer nachzudenken”, merkte de Guindos an.
Eine Auflösung der Puffer würde de Guindos zufolge im gegenwärtigen Umfeld keine positiven Auswirkungen auf die Kreditvergabe der Banken haben. ”Die Beibehaltung der bestehenden Puffer bewahrt die Widerstandsfähigkeit und das Vertrauen in das Bankensystem, wenn Risiken drohen”, führte er aus. In Deutschland liegt der antizyklische Kapitalpuffer, ein Aufschlag auf andere Reserven, der zur Abfederung von konjunkturellen Abschwüngen dient, aktuell bei 0,75 Prozent.