Wegen der Durchsuchung im Bundesfinanzministerium stellte sich Olaf Scholz heute den Fragen der Parlamentarier - zu deren Überraschung in Persona.
dpa, Ulrike Barth
Union und Opposition hatten sich zuvor in Erwartung seiner Abwesenheit echauffiert - doch dann trat Olaf Scholz doch persönlich und nicht nur per Videoschaltung zur Sitzung des Finanzausschusses an. Dort stellte sich der Bundesfinanzminister und SPD-Kanzlerkandidat Fragen zu einer Durchsuchung seines Hauses, die auf Vorwürfe gegen die Anti-Geldwäsche-Einheit FIU zurück ging.
Mit dem persönlichen Erscheinen von Scholz hatte kaum jemand gerechnet - und entsprechend angriffslustig waren die Abgeordneten präpariert: "Wer Respekt plakatiert, der sollte auch den Respekt gegenüber dem Parlament und gegenüber der Öffentlichkeit leben", betonte der FDP-Politiker Florian Toncar vor der Sitzung mit Blick auf Scholz' Wahlkampfthema "Respekt".
Nun saß der Finanzminister doch da - und nahm seinen Kritikern den Wind aus den Segeln. Rund 30 Minuten lang erklärt er die bereits erreichten Reformen bei der FIU, dann beantwortet er Fragen aller Fraktionen, reihum, wie ein Zeuge im Untersuchungsausschuss.
Ermittlungen gegen die FIU
Der Finanzausschuss wollte dem Kanzlerkandidaten sechs Tage vor der Bundestagswahl noch einmal richtig auf den Zahn fühlen. Hintergrund sind Ermittlungen gegen Mitarbeiter der FIU, einer Anti-Geldwäsche-Spezialeinheit des Zolls in Köln, die Scholz' Finanzministerium zugeordnet ist.
FIU-Mitarbeiter sollen Hinweise auf Terrorfinanzierung nicht rechtzeitig an Justiz und Polizei weitergeleitet haben. In diesem Zusammenhang hatte die Staatsanwaltschaft Osnabrück beim Finanz- und beim Justizministerium angeklopft, um Unterlagen einzusehen.
Die wichtigste Frage sei nun: "Haben Vorgaben aus Berlin zu riesigen Lücken bei der Geldwäsche-Bekämpfung geführt?", sagte der FDP-Finanzpolitiker Toncar. Das Kernproblem sei der sogenannte risikobasierte Ansatz.
"Es gibt ein Raster, mit dem Geldwäschemeldungen gefiltert werden, aber dieses Raster ist offenbar so grob, dass wir bei der Geldwäschebekämpfung rechtsfreie Räume in Deutschland haben, dass es in großem Stil möglich ist, kriminell zu handeln." Die Durchsuchung in den Ministerien sei nur ein Symptom des Problems.
Scholz nimmt FIU in Schutz
Scholz wies die Vorwürfe gegen die FIU zurück. Die Behörde habe in den vergangenen drei Jahren mehr hinbekommen als in den 30 Jahren zuvor. Sie sei personell aufgestockt worden und habe eine moderne IT-Struktur bekommen. Das Meldungsaufkommen werde weiter steigen. Die Kriterien, welche Geldwäschemeldungen an Behörden weitergegeben werden, würden weiter verbessert. Scholz traf im Ausschuss auch mit FIU-Chef Christof Schulte zusammen - zum ersten Mal in seiner Zeit als Minister persönlich.
Die Grünen warfen dem Finanzminister vor, die Sitzung zur Selbstdarstellung genutzt zu haben. "Wieder hat Scholz als Finanzminister alle Verantwortung für das Chaos bei der Anti-Geldwäsche-Behörde FIU und bei der Geldwäschebekämpfung von sich gewiesen", erklärte die Finanzpolitikerin Lisa Paus. "Olaf Scholz hat nicht genug getan zur Bekämpfung von Geldwäsche."
Die Durchsuchung in Scholz' Ministerium nur wenige Tage vor der Bundestagswahl hatte auch Fragen aufgeworfen. So waren die gesuchten Unterlagen der Staatsanwaltschaft nach Darstellung des Justizministeriums bereits lange vorher angeboten worden.
Die Staatsanwaltschaft stellt das betreffende Telefonat dagegen so dar, dass das Ministerium die Herausgabe der Unterlagen zunächst ablehnte und auf "den großen Dienstweg" verwies. So habe man entschieden, Durchsuchungen in beiden Häusern zu beantragen. Übereinstimmend heißt es, dass die Ermittler die fraglichen Unterlagen ohne Probleme einsehen konnten.
Chef der Staatsanwaltschaft ist CDU-Mitglied
Spekulationen über einen Wahlkampf-Hintergrund gab es unter anderem, weil der Chef der Osnabrücker Staatsanwaltschaft, Bernard Südbeck, ebenso CDU-Mitglied ist wie Niedersachsens Justizministerin Barbara Havliza. Der Sprecher der Ermittlungsbehörde wies diese Spekulationen zurück: Die Ermittlungen würden nicht von Südbeck geleitet, sagte er.
Der Verfassungsrechtler Joachim Wieland hält die Durchsuchung dennoch für rechtswidrig. Es gebe "durchgreifende Zweifel an der erforderlichen Verhältnismäßigkeit", schrieb Wieland, der unter anderem Mitglied des Verfassungsgerichtshofs für das Land Nordrhein-Westfalen ist, in einem Blogeintrag. "Für das scharfe Schwert einer Durchsuchung ist kein Anlass ersichtlich. Sie war nicht erforderlich und deshalb rechtswidrig."
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