Bund hält EU-Verfahren wegen EZB-Anleihekäufen für unbegründet

Die Bundesregierung weist in ihrer Antwort an die EU-Kommission auf die grundsätzliche Europafreundlichkeit der deutschen Verfassung hin und regt einen institutionellen Dialog an.
Das Bundeskanzleramt in Berlin | Foto: picture alliance / Eibner-Pressefoto | Lakomski/Eibner-Pressefoto
Das Bundeskanzleramt in Berlin | Foto: picture alliance / Eibner-Pressefoto | Lakomski/Eibner-Pressefoto
Reuters

Die Bundesregierung hält die Einleitung eines EU-Vertragsverletzungsverfahrens wegen eines umstrittenen EZB-Urteils des Bundesverfassungsgerichts für unbegründet.

In ihrer Antwort an Brüssel weist sie auf die grundsätzliche Europafreundlichkeit der deutschen Verfassung hin sowie auf den Verfassungsauftrag zur Verwirklichung eines vereinten Europas.

"Ebenso wie die Europäischen Verträge verpflichtet daher vor diesem Hintergrund das Grundgesetz alle deutschen Verfassungsorgane ihre jeweiligen Kompetenzen europarechtsfreundlich und im Einklang mit den Unionsverträgen auszuüben", heißt es in dem mehrseitigen Schreiben, das der Nachrichtenagentur Reuters am Dienstag vorlag. Das "Handelsblatt" hatte zuerst darüber berichtet.

Die EU-Kommission hatte im Juni wegen eines Urteils aus Karlsruhe zu den Staatsanleihenkäufen der EZB ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland gestartet.

Brüssel startet Verfahren gegen Deutschland wegen EZB-Urteils

Die Verfassungsrichter hatten im Mai 2020 die billionenschweren Aufkäufe von Staatsanleihen der Euro-Länder durch die Europäische Zentralbank (EZB) als teilweise verfassungswidrig eingestuft.

Karlsruher Richter halten EZB-Anleihekäufe für teilweise verfassungswidrig

Damit hatten sie sich gegen den Europäischen Gerichtshof (EuGH) gestellt, der zuvor Ende 2018 entschieden hatte, dass die Käufe nicht gegen EU-Recht verstoßen.

Konflikt um Vorrang des Europarechts

Im Kern geht es in dem Konflikt um den Vorrang des Europarechts. Die Bundesregierung hatte zwei Monate Zeit, auf die Vorwürfe aus Brüssel zu reagieren. Aus Sicht der Kommission hat Deutschland gegen die Grundsätze der Autonomie, des Vorrangs, der Wirksamkeit und der einheitlichen Anwendung des EU-Rechts verstoßen.

Die Kommission befürchtet, dass durch das Urteil aus Karlsruhe die Integrität des EU-Rechts und letztlich auch die europäische Integration beeinträchtigt wird, besonders in Ländern wo sie ohnehin bereits eine Schwächung des Rechtsstaatsprinzips sieht. Dabei hat sie insbesondere Polen und Ungarn im Blick.

Institutioneller Dialog angeregt

In ihrem Antwortschreiben regte die Bundesregierung zudem an, einen Dialog einzurichten zwischen dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) und den Verfassungsgerichten der Mitgliedstaaten - eine Plattform europäischer Richterinnen und Richter, wie es in dem Brief heißt.

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