Weidmann erneuert Forderung nach Stopp der Krisenanleihenkäufe
Weidmann äußert sich in einem Interview mit der Zeitung "Welt am Sonntag", wie es nach dem Ende der Pandemie in der Geldpolitik weitergehen sollte. Er skizziert zudem mögliche Schritte hin zu einer Zinswende im Euro-Raum.
Reuters
Bundesbank-Präsident Jens Weidmann hat seine Forderung nach einem Stopp der Krisenanleihenkäufe nach dem Ende der Pandemie erneuert und ein Ausstiegsszenario aus der Niedrigzinspolitik skizziert. Das PEPP getaufte Anleihenkaufprogramm der EZB müsse beendet werden, wenn die Virus-Krise vorüber sei, sagte Weidmann der "Welt am Sonntag".
"Das erste P steht schließlich für pandemisch und nicht für permanent. Das ist eine Frage der Glaubwürdigkeit."
Das ebenfalls noch laufende ältere Kaufprogramm APP solle die Preisentwicklung stützen. "Auch das werden wir einstellen, sobald es der Preisausblick hergibt."
EZB hat zuletzt das Tempo ihrer PEPP-Käufe erhöht
Die Europäische Zentralbank (EZB) hatte zuletzt das Tempo ihrer PEPP-Käufe von Staatsanleihen, Firmenbonds und anderen Wertpapieren zum Sommerbeginn erhöht. Die Währungshüter erwarben im Rahmen von PEPP im Juli Titel im Volumen von 88 Mrd. Euro nach 80 Mrd. Euro im Juni. PEPP wurde zu Beginn der Corona-Krise im Frühjahr 2020 beschlossen. Das Programm ist auf 1,85 Billionen Euro angelegt und soll noch bis mindestens Ende März 2022 laufen.
Es wird erwartet, dass die Währungshüter auf der Zinssitzung im September über die Zukunft der Käufe nach dem März 2022 beraten werden.
Weidmann skizziert Ausstiegsszenario
Weidmann äußerte sich auch zu einer möglichen Abfolge von Schritten hin zu einer Zinswende im Euro-Raum.
"Ich gehe davon aus, dass zuerst die Nettokäufe beendet und dann die Zinsen erhöht werden – auch weil die Anleihekäufe stärkere Nebenwirkungen haben", sagte er. Die Reihenfolge wäre dann für ihn: "Erst beenden wir das PEPP, dann wird das APP zurückgefahren, und dann können wir die Zinsen anheben."
Derzeit rechnen die meisten Analysten nicht vor 2024 mit ersten Zinsanhebungen der EZB.
Die Euro-Wächter müssten immer wieder klarmachen, dass die Geldpolitik gestrafft werde, wenn die Preisaussichten das erforderten, sagte Weidmann. "Wir können dann auf die Finanzierungskosten der Staaten keine Rücksicht nehmen." Er wies dabei auf das Risiko unsolider Staatsfinanzen hin. Die Geldpolitik dürfe daher nicht in das Schlepptau der Fiskalpolitik geraten.
"Wir müssen sorgfältig beobachten, ob sich der Preisdruck tatsächlich so abschwächt, wie in unseren Prognosen erwartet. Ich halte auch höhere Inflationsraten nicht für ausgeschlossen."
Die Inflation lag im Juli im Euro-Raum bei 2,2 Prozent, womit die Zielmarke der EZB von zwei Prozent übertroffen wurde. Die EZB rechnet mit einem weiteren Anstieg der Preise in diesem Jahr. EZB-Vizepräsident Luis de Guindos erwartet den Höhepunkt im November mit etwa drei Prozent. Allerdings geht die EZB davon aus, dass sich der Preisauftrieb im nächsten Jahr wieder abschwächt. Für 2022 sehen ihre bisherigen Projektionen eine Teuerung von 1,5 Prozent vor, für 2023 von 1,4 Prozent.
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