Wirecard-Bilanzskandal ruft EU auf den Plan - "Wirecard ist ein Weckruf"

Die Wirtschaftsprüfer-Aufsichtsbehörden in ganz Europa hätten Probleme mit internen Qualitätskontrollen ausgemacht, auch bei Unternehmenseinheiten, die als hochriskant eingestuft würden, sagte EU-Finanzmarktkommissarin Mairead McGuinness in Brüssel.
Mairead McGuinness, EU-Finanzmarktkommissarin | Foto: European Parliament, 2020
Mairead McGuinness, EU-Finanzmarktkommissarin | Foto: European Parliament, 2020
Reuters

Aus dem milliardenschweren Bilanzskandal bei Wirecard will nun auch die Europäische Union Konsequenzen ziehen. EU-Finanzmarktkommissarin Mairead McGuinness kündigte bis Ende kommenden Jahres einen Vorschlag zu einer Reform der Unternehmensbilanzierung und deren Überprüfung an.

"Wirecard ist ein Weckruf. Wirecard hat den Leuten eine Geschichte erzählt und verkauft, die nicht wahr war", sagte die Irin in einer Rede vor dem European Policy Centre in Brüssel. McGuinness will an drei Stellschrauben drehen: an den internen Prüfungsausschüssen, an den externen Wirtschaftsprüfern und an deren Aufsichtsbehörden. Nach der Sommerpause solle eine öffentliche Konsultation dazu beginnen. Es gehe darum, die Qualität der Bilanzierung börsennotierter Unternehmen zu verbessern - und darum, das auch durchzusetzen.

Der bis in den Leitindex Dax aufgerückte Zahlungsabwickler Wirecard hatte im Juni 2020 einräumen müssen, dass in seiner Bilanz 1,9 Mrd. Euro fehlten, die angeblich auf Treuhandkonten in Asien lagen. Die Wirtschaftsprüfer von EY hatten die Bilanzen von Wirecard jahrelang testiert.

BaFin und Apas in der Kritik

Weder die Finanzaufsicht BaFin noch die Wirtschaftsprüfungs-Aufsicht Apas hatten schnell genug auf jahrelange Gerüchte und Berichte über Unregelmäßigkeiten reagiert. Insolvenzverwalter Michael Jaffe geht davon aus, dass die 1,9 Mrd. Euro nie existiert haben.

Wirecard 2020: Ein Jahr zwischen Fakten und Fiktionen 

McGuinness sagte, die EU müsse "mehr tun und entschiedener handeln", um ausreichend Wettbewerb unter den Wirtschaftsprüfern zu gewährleisten. Die "Big Four", also KPMG, Deloitte, EY und Pwc, kommen zusammen auf 92 Prozent Marktanteil. Qualitätsmängel in der Prüfung könnten auch daher rühren, dass sie sich auf lukrativere Beratungsmandate konzentrierten, sagte die Kommissarin.

Probleme bei Qualitätskontrollen

Die Wirtschaftsprüfer-Aufsichtsbehörden in ganz Europa hätten Probleme mit internen Qualitätskontrollen ausgemacht, auch bei Unternehmenseinheiten, die als hochriskant eingestuft würden. Die Finanzmarktkommissarin will nun untersuchen lassen, ob die Verantwortung von Aufsichtsräten und Vorständen für die Richtigkeit der Bilanzen klar genug geregelt ist. Dabei könne die Einrichtung von Prüfungsausschüssen vorgeschrieben werden. Ein solches Gremium hatte es im Wirecard-Aufsichtsrat bis kurz vor der Pleite nicht gegeben. 

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