
Online-Broker, die ihre Angebote nahezu zum Nulltarif anbieten, müssen sich in Zukunft auf eine stärkere EU-Aufsicht einrichten. Die EU-Kommission will genauer hinschauen, ob es ihren Handelregeln entspricht, wenn Broker den Handel mit Aktien teils oder ganz provisionsfrei für ihre Kunden anbieten, ihr Geld aber durch die Weiterleitung der Aufträge an bestimmte Marketmaker querfinanzieren.
Überprüfung des Geschäftsmodells
Darin sieht die Kommission einen möglichen Interessenkonflikt, da die Broker nicht mehr im besten Interesse ihrer Kunden agieren. Das geht aus einem Antwortschreiben der EU-Kommissarin für Finanzdienstleistungen Mairead McGuinness an den EU-Abgeordneten Markus Ferber hervor, in das FinanzBusiness Einblick hatte.
Dennoch erwartet die ESMA ein schnelles Wachstum von Smartphone- und anwendungsbasiertem Neo-Brokerage in der Europäischen Union
"Wir werden uns eine Meinung darüber bilden, ob die aktuellen Regeln ausreichen, um mögliche Interessenkonflikte oder Defizite in Bezug auf Privatkunden zu unterbinden, wenn es um die beste Ausführung bei Aktiengeschäften geht", schreibt McGuinness. Die Kommission prüfe derzeit, ob die EU-Marktvorschriften, konkret die Vorgaben in Mifid II, das Geschäftsmodell "payment for order flow" überhaupt zulassen.
Dabei erhalten Neobroker eine Art Kickback (zu Deutsch: Rückvergütung), wenn sie Kundenaufträge an mit ihnen verbundene Handelsplätze vermitteln. Die Kommission werde die nationalen Behörden laut McGuinness auffordern, die Neo-Broker eingehender zu prüfen. Die EU plane zudem eine Überprüfung der bestehenden Mifid-Regeln.
Dennoch erwartet die ESMA ein schnelles Wachstum von Smartphone- und anwendungsbasiertem Neo-Brokerage in der Europäischen Union
Zwar steckten die Neobroker im Vergleich zu den USA, wo sie bereits viel verbreiteter seien, noch in den Kinderschuhen. "Dennoch erwartet die ESMA ein schnelles Wachstum von Smartphone- und anwendungsbasiertem Neo-Brokerage in der Europäischen Union", so McGuinness in ihrem Brief.
Bedenken wegen der Gamification
"Andere Bedenken, die unsere Aufmerksamkeit erfordern, betreffen das Phänomen der Gamification, die Behandlung von Kundendaten, die finanzielle Bildung und die Qualifikation von Finanzberatern", schreibt die EU-Kommissarin. In den USA schauen Regulierer sich bereits das Geschäftsmodell von Robinhood genauer an, weil es dem Aktienhandel einen spielerischen Charakter verleiht.
Es darf keinen regulatorischen Rabatt für geben, nur weil ein FinTech einen anderen Vertriebsweg nutzt als die Hausbank.
"Payment for Order Flow-Arrangements stehen in Widerspruch zu einigen der Grundprinzipien der europäischen Finanzmarktregulierung", sagt Markus Ferber zu den Antworten von McGuinness. "Die Europäische Kommission und die Europäische Wertpapieraufsicht täten gut daran, sich diese Art von Geschäftsmodell sehr genau anzuschauen. Es darf keinen regulatorischen Rabatt für geben, nur weil ein FinTech einen anderen Vertriebsweg nutzt als die Hausbank. Die Kommission muss sicherstellen, dass für alle Anbieter in der EU die gleichen Regeln gelten und diese von den nationalen Behörden auch durchgesetzt werden."
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